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Diskussion um Verschärfung des Sexualstrafrechts in Deutschland

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Veröffentlicht: 17:04, 13. Dez. 2007 (CET)
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Berlin (Deutschland), 12.12.2007 – Die große Koalition stößt mit ihrem Gesetzesentwurf für ein verschärftes Sexualstrafrecht auf starken Widerstand und sieht von einer zeitnahen Umsetzung ab. Das Thema wird damit nicht, wie ursprünglich geplant, am Donnerstag im Bundestag zur Sprache kommen. Es gebe noch Diskussionsbedarf[1], so Vertreter der Union. „Im Kontext des Jugendstrafrechts müssten Maßnahmen sehr fein abgewogen und abgestimmt sein.“[1] Der Gesetzesentwurf basiert auf dem Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union zur Frage der Bekämpfung sexueller Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie.

Die grundlegende Intention des Rahmenbeschluss sei es, bestehende Grauzonen im Sexualstrafrecht zu schließen, um wirkungsvoller gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornographie vorgehen zu können. Im Rahmen der Sachverständigenanhörung weist Oberstaatsanwalt Klaus Finke darauf hin, „dass die mit dem […] Entwurf verbundene Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses insgesamt zu begrüßen ist“.[2] Die Anhebung der Schutzaltersgrenze von 14 auf 18 Jahre sei vor allem deshalb notwendig, um die Grauzone des Straftatbestandes in die Nähe des Erwachsenenalters zu bewegen. In der Praxis sei es kaum möglich, das exakte Alter der dargestellten Personen festzustellen. Die Grauzone würde sich also „von einem Altersbereich zwischen 13 und 15 Jahren auf eine Grauzone zwischen 16 und 18 Jahren verlagern“.[2] Damit sei der Bereich zwischen 13 und 15 Jahren, der den Tatbestand der Kinderpornographie erfülle, auf jeden Fall zweifelsfrei abgedeckt. Des Weiteren sei in dem Gesetzesentwurf erstmals auch das „Zur-Schau-Stellen von Geschlechtsteilen von Kindern und Jugendlichen erfasst“[2], so Finke. Ein notwendiger Schritt zum Schutz von Kindern, denn bisher fällt lediglich die Darstellung tatsächlicher sexueller Handlungen unter den Straftatbestand der Kinderpornographie.

Die Verschärfung des Sexualstrafrechtes gemäß dieses Entwurfes, führe zu eine problematischen Einschränkung des Grundrechts auf sexuelle Selbstbestimmung bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, so Helmut Graupner, geladener Sachverständiger Anwalt aus Wien. Der Gesetzesentwurf „erfasst auch viele Verhaltensweisen, die weit in persönliche Beziehungen hineingehen, die nichts mit kommerzieller Verbreitung zu tun haben“.[2] Damit griff Graupner speziell die geplante Verschärfung der „Pornographie“–Kriterien im Zusammenhang mit dem veränderten Altersrahmen an. Der Gesetzestext differenziere nicht ausreichend zwischen einvernehmlich entstandenen Bildern und solchen, die unter Zwang entstünden. Demnach wäre eine Umsetzung des Entwurfes laut Graupner in zweierlei Hinsicht kontraproduktiv: Die konsequente Umsetzung und Durchsetzung des Gesetzentwurfes würde in der momentanen Form die Behörden überfordern, weil die Menge an neuen Strafdelikten von 15- bis 18-Jährigen in überproportionalem Verhältnis zu den wirklich schwerwiegenden Fällen bis 14 Jahren stünde. Das Gesetz bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren lockerer anzuwenden, würde dagegen das Gesetz unterminieren. Zudem habe die EU keine Entscheidungskompetenz auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts, so Graupner.

Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren „sind in unserem Kulturkreis ja keine Kinder mehr“[2], stellt Graupner abschließend fest. Auch Prof. Dr. Tatjana Hörnle, tätig am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozess und Rechtsphilosophie an der Universität Bochum betont, dass die Gleichsetzung von Kinder- und Jugendpornographie nicht gleich behandelt werden sollte. Insbesondere die fiktionale Darstellung von Jugendpornographie sei von dem Gesetzesentwurf auszunehmen. Die Einbeziehung von Jugendpornographie sei, wenn überhaupt, nur sinnvoll, um Jugendliche als tatsächliche Darsteller von pornografischen Werken auszuschließen.

Wenn diese [Bilder] im Einvernehmen hergestellt würden, müsse nochmals darüber diskutiert werden, ob ein Besitz oder die Verbreitung im privaten Kreis in jedem Fall strafbar sein müsse. […] Der Gesetzentwurf sieht eine Mindeststrafe von drei Monaten Haft vor. Der momentane Entwurf würde auch Zeitschriften mit Aufklärungsanspruch – wie Bravo – stark einschränken, seien es reale Geschichten, Leserbriefe, fiktionale Beiträge oder Fotografien.

Vor allem die Oppositionsparteien griffen die Kritikpunkte der Sachverständigen auf und kritisierten die Bundesregierung scharf. „Auch in der SPD-Fraktion ergab sich in diesem Punkt noch Diskussionsbedarf, […] beide Koalitionsparteien halten die Zielrichtung des Gesetzesentwurfs aber weiter für richtig.“ [1]

„Sexuelle Kontakte zwischen Jugendlichen blieben grundsätzlich straflos“, so Justizministerin Brigitte Zypries (SPD). Kein Jugendlicher müsse befürchten, bestraft zu werden, wenn er einen anderen ins Kino einlade und hoffe, dass es zu „Zärtlichkeiten oder sexuellen Berührungen komme“.[1]

Quellen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 sueddeutsche.de: „Kritik zeigt Wirkung“ (11.12.2007)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 www.bundestag.de: „Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode Rechtsausschuss (6. Ausschuss)“ (PDF) (18.06.2007)