Spitzen von Union und SPD beschließen große Koalition unter Kanzlerin Merkel

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Artikelstatus: Fertig 15:43, 14. Okt. 2005 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 11.10.2005 – Die Spitzen von Union und SPD haben sich gestern Mittag darauf geeinigt, Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition unter einer Kanzlerin Angela Merkel aufzunehmen.

Nach nur 20 Minuten war das Treffen der Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Edmund Stoiber (CSU) und Franz Müntefering (SPD) sowie Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beendet.

Ministerposten

Nach den vorläufigen Aussagen der Parteivorsitzenden von SPD und CDU wird die CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin der Union, Angela Merkel, die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden. Für das Amt von Vizekanzler und Außenminister werden sowohl der bisherige Verteidigungsminister Peter Struck – er hatte diesen Wechsel bisher ausgeschlossen – als auch Innenminister Otto Schily gehandelt.

Festzustehen scheint, dass die SPD acht der 14 Ministerposten erhält. Auf die CDU entfallen vier, auf die CSU zwei Minister. Die SPD hielt sich mit Aussagen über die Besetzung bedeckt und die Union stellte klar, dass die Namen noch nicht festgelegt seien. Allerdings wurden aus den einzelnen Parteien doch Details bekannt, die noch nicht offiziell bestätigt wurden.

Nach den bisherigen Aussagen sieht die Verteilung der Ministerien so aus: Bei der CDU/CSU liegen die Ressorts Wirtschaft und Technologie, Innen, Verteidigung, Familie, Bildung und Forschung sowie Landwirtschaft. Die SPD erhält das Außenministerium sowie die Verantwortung für die Bereiche Arbeit und Soziales, Finanzen, Gesundheit, Justiz, Verkehr und Bau, Umwelt und Entwicklungshilfe.

Die CSU wird sehr wahrscheinlich mit Stoiber als neuem Wirtschaftsminister vertreten sein. Michael Glos (CSU) könnte Verteidigungsminister werden, als Innenminister kommen offenbar Günther Beckstein (CSU) oder Wolfgang Schäuble (CDU) in Frage.

Der frühere Gesundheitsminister Horst Seehofer wird als Minister für Verbraucherschutz und Agrar gehandelt. Sozialministerin wird Ursula von der Leyen, Bildungsministerin Annette Schavan (alle CDU).

Von den SPD-Ministern sollen Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Justizministerin Brigitte Zypries im Amt bleiben. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wird möglicherweise im Rahmen einer Verjüngung durch Andrea Nahles abgelöst. Finanzminister könnten Frank Walter Steinmeier oder Peer Steinbrück werden, als Umweltminister ist Sigmar Gabriel im Gespräch.

Erste Reaktionen

Franz Müntefering und Gerhard Schröder stellten die mit der CDU getroffenen Vereinbarungen gestern dem Parteivorstand ihrer Partei vor. Dabei soll deutliche Kritik an den bisherigen Ergebnissen der Sondierungsgespräche geäußert worden sein. Der Vorschlag zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU sei nur mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen worden. Nur 25 von 37 Vorstandsmitgliedern stimmten für den Vorschlag. Unter den Gegnern der Vereinbarungen sollen dem Vernehmen nach auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Familienministerin Renate Schmidt sein. Kritisch wurde vor allem die Ressortverteilung zwischen den Koalitionsparteien gesehen. Johannes Kahrs, der Sprecher des als konservativ geltenden so genannten Seeheimer Kreises innerhalb der SPD äußerte sich gegenüber Reuters mit folgender Einschätzung der Ressortverteilung: „Die Frage ist, warum wir die Probleme haben und die Union die Zukunft.“ Dies sah wohl auch Wolfgang Clement so. Mit den Ministerien Finanzen und Arbeit habe die SPD die Verantwortung für zwei Ministerien, die in den nächsten Jahren weiterhin für „schlechte Nachrichten“ sorgen würden, während die so genannten Zukunftsministerien der CDU bzw. CSU vorbehalten blieben.

Intensiv wird innerhalb der SPD-Führungsgremien auch die Frage der personellen Besetzung des Vizekanzlers und Außenministers diskutiert. In dieser Frage zeichnete sich bisher noch keine definitive Aussage ab.

Aus den Reihen der CDU, deren Vorstand am gestrigen Nachmittag ebenfalls zusammentrat, wurde ebenfalls Kritik laut. Diese bezog sich vor allem darauf, dass die zentralen „Reformbaustellen“ an die SPD gefallen seien. Unmut wurde auch darüber geäußert, dass die SPD das Finanzressort erhalten solle. Merkel entgegnete dieser Kritik, dass durch die Entscheidung Stoibers, das Wirtschaftsministerium zu beanspruchen nicht auch noch das Finanzministerium hätte besetzt werden können. Zufrieden äußerte sich jedoch der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer: „So, wie es gezimmert ist von den Strukturen, ist es in Ordnung.“ Die Aufteilung der Ressorts wurde von einzelnen CDU-Vorstandsmitgliedern ebenfalls mit Vorbehalten aufgenommen. Bei der CDU seien nur sechs Fachministerien verblieben (außer dem Amt des Bundeskanzlers und der Besetzung des Kanzleramtschefs), während die SPD acht Ministerien besetze. „Das war eine dicke Kröte, die Merkel und Stoiber da geschluckt haben“, sagte ein Präsidiumsmitglied. Trotz der vorgebrachten Kritik gab es innerhalb des CDU-Vorstandes eine klare Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD.

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Quellen