Heftige Kämpfe in Sri Lanka – Tamil Tigers halten Verhandlungen für unmöglich

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Artikelstatus: Fertig 11:21, 14. Aug. 2006 (CEST)
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Colombo (Sri Lanka), 14.08.2006 – Seit mehr als 20 Jahren wird in Teilen Sri Lankas gekämpft. Fast genauso alt sind die Bemühungen, die tamilischen Rebellen und die Regierung zum Frieden zu bewegen. Zwar gelang es, 2002 einen Waffenstillstand zu schließen, doch immer wieder machten gewaltsame Vorfälle wie Anschläge auf Poltitiker die Friedensbemühungen zunichte. In den letzten Tagen und Wochen haben sich die Zustände in dem Land südöstlich des indischen Subkontinents dramatisch verschlechtert.

Karte von Sri Lanka

Medienberichten zufolge kam es im Nordosten Sri Lankas vorgestern zu den schwersten Kämpfen seit 2002. Laut einem Sprecher des Verteidigungsministeriums starben dabei 150 Kämpfer der LTTE und 27 Soldaten, 230 LTTE-Rebellen seien verletzt worden. Eine Bestätigung der Angaben durch unabhängige Quellen gibt es derzeit nicht. Seit dem neuerlichen Ausbruch der Kämpfe vor zwei Wochen starben laut dpa insgesamt 450 Menschen, darunter Zivilisten, Soldaten und LTTE-Kämpfer. Die Regierung Sri Lankas spricht von schweren Verlusten, die ihre Soldaten der LTTE durch Angriffe aus der Luft und mit Bodentruppen zugefügt hätten. Aufgrund der neuen Gefechte flohen mindestens 60.000 Menschen aus den betroffenen Regionen. Ausländische Geldgeber, darunter die USA, Japan, die Euroäische Union und Norwegen, äußern sich in diesem Zusammenhang besorgt über die humanitäre Lage und rufen zu einem sofortigen Ende der Kampfhandlungen auf. In den umkämpften Regionen im Norden Sri Lankas gilt seit drei Tagen eine unbefristete Ausgangssperre. Besonders umkämpft ist die Insel Jaffna, wo sich die LTTE und Regierungstruppen Gefechte um strategisch wichtige Orte liefern. Ein Vertreter der LTTE sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die LTTE werde ihre Offensive gegen das Militär fortsetzen, die der LTTE-Verteter als Verteidigungsmaßnahme bezeichnet. Polizeieinheiten haben zudem nach eigenen Angaben ein Lager der LTTE in der Stadt Batticaloa angegriffen. In einem auf „news.bbc.co.uk“ veröffentlichtem Artikel ist auch von Schüssen in Trincomalee im Osten Sri Lankas die Rede.

Am Samstag wurde in der Hauptstadt Colombo ein Regierungsmitglied erschossen. Es handelte sich um Ketheesh Loganathan, der als stellvertretender Leiter des Friedenssekretariats der Regierung für die Koordination des Friedensprozesses mit den Rebellen zuständig war und dabei von einer norwegischen Vermittlungsmission unterstützt wird. Ein Unbekannter erschoss den Politiker in seinem Amtssitz in Dehiwela, unweit der Hauptstadt Colombo. Präsident Mahinda Rajapaksa machte die LTTE für die Ermordung des Politikers verantwortlich, die zum Jahrestag der Ermordung des Außenministers Lakshman Kadirgamar verübt wurde. Lakshman Kadirgamar wurde Mitte August 2005 bei einem Anschlag vor seinem Haus getötet. Verdächtigt wurden damals ebenfalls die „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE), die aber eine Verwicklung umgehend bestritten. Am 8. August dieses Jahres wurden 17 Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Action contre la faim“ in Muttur umgebracht.

Unterdessen signalisierte die Regierung Sri Lankas Zustimmung zu einem angeblichen Verhandlungsangebot der tamilischen Rebellen. Der Chef des Friedenssekretariats der Rebellenorganisation sagte jedoch dazu, eine solche Initiative habe es von Seiten der Tamil Tigers nicht gegeben. Außerdem seien Verhandlungen in einer Situation unmöglich, in der eine militärische Offensive von Regierungstruppen auf der Halbinsel Jaffna im Norden des Landes stattfinde.

Zu einer Eskalation der Kämpfe kam es, als Regierungstruppen vor zwei Wochen versuchten, einen von der LTTE blockierten Bewässerungskanal unter ihre Kontrolle zu bringen. Am Dienstag, den 8. August hatten die Rebellen ein Schleusentor nahe Trincomalee wieder freigegeben, mit dem die Wasserversorgung des Kanals reguliert werden kann. Der Bewässerungskanal wird auch für Felder benötigt, die in einem Gebiet liegen, das von der Regierung kontrolliert wird. Tausende Bauern waren von der Blockade der Schleuse betroffen. Das Ende der Blockade wurde von der Armee als Erfolg ihrer Militäroffensive bewertet.

Den Konflikt im Land gibt es über 20 Jahren. Teile des Volkes der Tamilen möchten die Unabhängigkeit von Sri Lanka erreichen. Zur Durchsetzung dieses Zieles hat sich im Norden und Osten des Landes eine Rebellenbewegung gebildet, die sich Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) nennt. Die singhalesische Mehrheit im Land lehnt diese Bestrebungen ab und bekämpft die Rebellen. Bei diesen Kämpfen sind bisher 60.000 Menschen ums Leben gekommen. Im Februar 2002 wurde schließlich ein Waffenstillstand geschlossen. Danach gelang es den tamilischen Rebellen, ihre autonomen Strukturen zu befestigen, so dass es ihnen sogar möglich ist, Einfuhrkontrollen durchzuführen und Zölle zu erheben.

Die Heftigkeit des Konfliktes nahm im Jahr 2006 wieder zu. Seit Beginn des Jahres starben unter anderem durch Kämpfe und Anschläge mehr als 600 Menschen. So kam es etwa am 11. Mai vor der Küste des Landes zwischen den Rebellen und der Regierung zu einer Art Seeschlacht. Die LTTE griff mit 15 eigenen Booten einen Flottenverband an. Dabei wurde mit einem Selbstmordanschlag ein Kriegsschiff mit 17 Soldaten versenkt. Als Reaktion wurden fünf Boote der Rebellen versenkt, wobei etwa 50 Rebellen starben.

Aber bereits im Jahr 2003 war der Friedensprozess, der von der EU inklusive fünf nordeuropäischer Länder beobachtet wurde, nach nur einem Jahr zusammengebrochen, als die LTTE laufende Verhandlungen beendet hatte. Finnland und Dänemark haben ihre Beobachter zurückgezogen, nachdem die EU im Mai 2006 erklärt hatte, die LTTE sei als Terrororganisation einzustufen.

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Quellen