Uneinigkeit in der Koalition über Mindestlohn
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Berlin (Deutschland), 07.11.2011 – Die Koalition zeigt sich uneinig in der Mindestlohndebatte. Der Plan der Bundeskanzlerin, einen allgemeinen Mindestlohn einzuführen, wird aus den Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP zunehmend kritisch kommentiert. Ein zu niedriger Mindestlohn sei sinnlose Symbolik, ein zu hoher Mindestlohn koste Arbeitsplätze, kommentierte der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den Plan. Der FDP Generalsekretär Christian Lindner erinnerte in der Bild am Sonntag daran, dass CDU und FDP den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn bereits im gemeinsamen Koalitionsvertrag ausgeschlossen hätten. „Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn würde die Tarifautonomie als wesentlichen Eckpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft aushöhlen“, befürchtete der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte, ein Mindestlohngesetz noch in dieser Wahlperiode verabschieden zu wollen. Der Parteivorsitzende der Partei Die Linke, Klaus Ernst, forderte einen allgemeinen Mindestlohn für Deutschland von zehn Euro pro Stunde. Zum Vergleich: Der Mindestlohn in Luxemburg beträgt 10,16 Euro, Frankreich hat einen Mindestlohn von neun Euro – bei gleichem Prozentsatz an erwerbstätigen Armen wie Deutschland –, und den geringsten Mindestlohn in Europa hat Bulgarien mit 71 Cent. In 14 von 20 EU-Ländern, in denen es Mindestlöhne gibt, beträgt der Mindestlohn weniger als fünf Euro.
Nach eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid ist die überwiegende Mehrheit der Deutschen für einen Mindestlohn. Emnid befragte im Auftrag von Bild am Sonntag 505 Personen, von denen 91 Prozent sich für den Plan der Bundeskanzlerin aussprachen; nur acht Prozent der Befragten waren gegen Mindestlöhne. CDU-Anhänger sprachen sich nur unterdurchschnittlich für Mindestlöhne aus und erreichten nur 84 Prozent.
Nach einer Studie der Bundesregierung, die noch nicht veröffentlicht wurde, aber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel bereits vorlag, kam eine Gruppe von Wirtschaftsforschungsinstituten zu dem Ergebnis, dass die Branchenmindestlöhne in Deutschland keine Arbeitsplätze vernichten und keine Wettbewerbsverzerrung verursachen, wie die taz berichtet. Auch Studien zu US-Mindestlöhnen von 1990 bis 2006 seien zu dem Ergebnis gekommen, dass Mindestlöhne keine Arbeitsplätze vernichteten.
Holger Bonin vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim bemerkte zu der Studie der Bundesregierung: „Hier wurden Branchen untersucht, die freiwillig einen für sie geltenden Mindestlohn beantragt und dessen Höhe über Tarifvereinbarungen selbst bestimmt haben. Wenn man aber Branchen ohne Tarifvereinbarungen mit einem allgemeinen Mindestlohn überzieht, kann das sehr wohl Arbeitsplätze kosten.“ Professor Ronnie Schöb von der Freien Universität Berlin wies darauf hin, dass sich bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro die Arbeitskosten für viele einfache Arbeiten um fast 50 Prozent erhöhen würden; eine Vernichtung von Arbeitsplätzen sei damit unumgänglich. Der Direktor des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, Joachim Möller, äußerte sich dagegen optimistisch, dass bei der diskutierten Höhe der Mindestlöhne kein Arbeitsplatzabbau zu erwarten sei.
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Quellen
[Bearbeiten]- Reuters: „Widerstand in Koalition gegen Mindestlohn wächst“ (6.11.2011)
- Süddeutsche Zeitung: „Mindestlohn spaltet Union und Liberale — FDP warnt vor "arbeitsmarktpolitischem Beton"“ (06.11.2011)
- Handelsblatt: „Merkel auf Genossen-Kurs“ (06.11.2011)
- die tageszeitung: „Mindestlohn in Europa — Unterkante 71 Cent“ (31.10.2011)