Schleswig-Holstein: Keine Berichte über Freie Wähler und Piraten?

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Veröffentlicht: 23:28, 18. Sep. 2009 (CEST)
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Kiel (Deutschland), 18.09.2009 – Laut Aussage der Landesverbände der Freien Wähler und der Piraten-Partei in Schleswig-Holstein gibt es eine „Stallorder“ im Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (SHZ), in ihren 14 Tageszeitungen nicht über die Freien Wähler und die Piraten Partei zu berichten.

Neun Tage dauert es noch, und dann wird am 27. September in Schleswig-Holstein nicht nur der neue Bundestag, sondern auch ein neuer Landtag gewählt. Diese vorgezogene Wahl ist nach einer gewollt gescheiterten Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) zustande gekommen.

Da ist die Behauptung einer Zensur der Piraten und Freien Wähler besonders heikel. Nach Angaben beider Parteien wurde durch die Chefetage des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags angewiesen, dass in den zu ihr gehörenden 14 Tageszeitungen nur Berichterstattungen über die im Landtag vertretenen Parteien geschehen solle. Ausgenommen von dieser Order sei auf Grund des hohen Interesses nur Die Linke.

Herausgekommen ist es, nachdem Helmut Andresen (Freie Wähler) am 15. September eingeladen wurde, damit er sich in mehreren Zeitungen des Verlags vorstellen kann. Später wurde er jedoch wieder ausgeladen. Die Möglichkeit der Vorstellung wurde zuvor bereits den Kandidaten der CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, SSW und LINKEN geboten.

Andresen ist selbst seit 2002 Bürgermeister von Grödersby. Die kommunalen Parteien, die sich zu den Freien Wählern Schleswig Holsteins zusammengeschlossen haben, haben bei der letzten Kommunalwahl mit Abstand (51,8%) die meisten Plätze in den lokalen Gremien gewonnen.

Der schleswig-holsteinische Zeitungsverlag druckt nach eigenen Angaben mit über 205.000 Exemplaren die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes und erreicht damit eine halbe Millionen Leser. Laut Wikipedia werden außerdem Anzeigenblätter mit einer Auflage von 540.000 Exemplaren vom Verlag herausgegeben.

Der Verlag verteidigt das Vorgehen. Von Zensur könne man auch nicht reden, da über jede Partei eine allgemeine Berichterstattung geschehe. Nur bei der Vorstellung der Direktkandidaten habe man eine Einschränkung auf die Angehörigen der oben genannten Parteien vorgenommen. Dies sei nötig gewesen, da in den 40 Wahlkreisen 323 Bewerber anträten.

Die Piraten indes werfen hier eine Wahlkampftaktik vor. Der Landesvorsitzende Uli König sagt sogar, so etwas „kennt man sonst nur aus Diktaturen“. Der Verlag gilt als CDU-nah.

Nach dem Protest seitens der Freien Wähler und der Piraten lud die Redaktion des Verlages den ausgeladenen Helmut Andresen nun für kommenden Montag wieder ein. Die SHZ betont jedoch, dass diese Einladung ohne Wissen um den Protest geschehen sei. Die Einladung ging aber nachweislich 20 Minuten nach der Presseerklärung beider Parteien ein.

Enttäuscht zeigen sich beide Parteien auch darüber, dass sie nicht in der Stellungnahme des Verlages genannt werden und es auch scheinbar keine Abkehr von der Taktik einer Vorselektion gibt. Besonders irritierend fand man auch die Aussage: „Nicht die Wünsche der Kandidaten und Parteien, möglichst oft in der Zeitung zu stehen, gilt es zu befriedigen, sondern das Interesse der Wähler, sich ein eigenes Urteil bilden zu können.“ „Wenn nicht […] ALLE Spitzenkandidaten befragt werden, sondern nur jeweils eine eigenmächtige Auswahl getroffen wird, kann sich der Wähler kein objektives Bild machen“, meint Klaus Petersdorf, einer der Landesvorstände der Piratenpartei in Schleswig-Holstein.

Quellen