Grüne aus ganz Europa beraten Europas Zukunft

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Veröffentlicht: 01:33, 13. Sep. 2011 (CEST)
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Rebecca Harms MdEP begrüßt die Teilnehmenden beim Empfang am 09.09.2011

Frankfurt (Oder) (Deutschland), 12.09.2011 – Auf Einladung der Europaparlaments-Fraktion der Grünen/EFA und der Europäischen Grünen Partei, EGP, trafen sich Grüne und grüngesinnte Menschen aus ganz Europa, um unter dem Titel „Europe - Make it or break it“ über die Zukunft der Europäischen Union zu beraten.

Zahlreiche Workshops in Frankfurt und Slubice[Bearbeiten]

In einer Vielzahl von Workshops wurden Kampagnenwerkzeuge wie das kreative, politische Schreiben, die Kommunikation per Video oder die Nutzung sozialer Netzwerke behandelt. Auch inhaltliche Themen, vom Zugang zum Internet als Menschenrecht, die EU-Missionen in Somalia (Video) oder die Konsequenzen aus dem arabischen Frühling für die EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik wurden zum Thema gemacht. Neben der Finanzmarktregulierung und der Zukunft des Euro waren generell Themen der europäischen Wirtschafts- und Industriepolitik einer der Schwerpunkte der nach 2008 bereits zum zweiten Mal im brandenburgischen Frankfurt an der Oder und der polnischen Nachbarstadt Słubice stattfindenden Grünen-Europäischen-Sommer-Universität.

Zugang zu Bildung und Wissen[Bearbeiten]

Das Panel zu Access to Knowledge mit (von rechts nach links) Prof. Dr. Claudia Lux (BID), Helga Trüpel (MdEP GRÜNE, Deutschland), Sandrine Bélier (MEP EELV, France), Jane Lindgaard (Journalist Mediapart).

Auf Einladung der Europaabgeordneten Sandrine Bélier (EELV Frankreich) und Helga Trüpel (Bündnis 90/Die Grünen Deutschland) befasste sich ein Panel mit der Frage des Zugangs zu Bildung und Wissen und all den Dingen, die für eine Wissensgesellschaft in Europa erforderlich sind. Einen radikalen Vorstoß zum Urheberrecht brachte Professor Dr. Claudia Lux von der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände e.V. (BID) ein: Das Copyright für Bücher sollte auf ein Jahr begrenzt werden, da die meisten Titel nach einem Jahr bereits aus dem Buchhandel verschwinden, oder zumindest auf fünf Jahre, nach denen die meisten Verwertungszyklen für die Urheber und die Verlage abgeschlossen seien. Zu Google Books, einer Quelle für alte und neuere Bücher, erklärte sie: „Wer das nicht kennt, ist kein Student - zumindest nicht in den Geisteswissenschaften.“ Problematisiert wurde die Monopolisierung von Wissen in der Hand eines einzigen Konzern dennoch und die Frage nach Europas Antwort auf Google gestellt. Helga Trüpel erklärte, dass dies eine Aufgabe sei, um deren Aufnahme in den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union noch gerungen werde. Ihrer Überzeugung nach muss die ‚Europeana‘, die Europäische Digitale Bibliothek, in die EU 2020 Strategie aufgenommen werden, um den dauerhaften freien Zugang zu Wissen und Bildung nicht von einem einzigen Konzern abhängig zu machen.

Jade Lindgaard, eine Journalistin des Abonnement-finanzierten Online-Nachrichtenmagazins Mediapart, erklärte den Kampf um Bezahlinhalte im Internet für gewonnen: „Die Menschen erkennen, dass es Dienste im Internet gibt, die es wert sind, bezahlt zu werden.“ Der Kampf um den Qualitätsjournalismus aber werde weiter geführt, weil zum einen Zeitungen wie in Frankreich seit vielen Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten leben, aber durch öffentliche Zuwendung überleben, die sie weniger unabhängig und zum Teil immer weniger kritisch machen, während zum anderen Dienste wie WikiLeaks völlig neue Möglichkeiten für den investigativen Journalismus bieten. Zu den aus dem Publikum aufgeworfenen Lösungsansätzen für den Zugang zu Bildung und Wissen für alle gehörten das Wissenschaftsmagazin PLoS One, der Mikro-Bezahldienst Flattr, der über eine monatliche Flatrate und deren Verteilung auf Inhaltsanbieter eine Zuverdienstmöglichkeit für Internet-Journalismus, Blogger und die tageszeitung aus Berlin bietet, sowie die Frage nach einer echten Kulturflatrate die Künstlern als Teil ihrer Lebensgrundlage zugute kommen könnte.

Grüne Jobs - Angemessene Arbeit[Bearbeiten]

Podium zu angemessener Arbeit in Grünen Branchen. Von rechts nach links: Lutz Hohlbein, Rob McCulloch, Elisabeth Schroedter, Peter Ernsdorf, Rainer Hinrich-Rahlwes (BEE)

Die Arbeitsbedingungen in den neuen grünen Branchen waren am Samstag dem 10. September das Thema einer Podiumsdiskussion auf Einladung von Elisabeth Schroedter, Europaabgeordnete der deutschen Grünen seit 1994. Am Vortag hatte sie für die internationalen Gäste Unternehmensbesuche im Solarcluster Frankfurt (Oder) organisiert. Bei den sehr unterschiedlichen Firmen First Solar und OderSun wurden die Entwicklungen der Firmen und die Arbeitsbedingungen diskutiert.

Peter Ernsdorf von der IG Metall begrüßte jeden Betrieb der Branche, kritisierte jedoch den Mangel an Tarifverträgen und die Tatsache, dass die Region als Unternehmensstandort mit billigen Fachkräften, langen Arbeitszeiten und „kaum Gewerkschaftsmitgliedern in den Betrieben“ beworben wurde. Zur aktuellen Situation bei Conergy erklärte er: „Wir wollen nicht in die Schützengräben, aber möglichst viele Arbeitsplätze erhalten. Vielleicht kann man Stunden entlassen statt Menschen.“ Der Lohn mache schließlich hier nur fünf bis sieben Prozent der Kosten aus. Lutz Hohlbein stellte anschließend dar, wie es dem Betriebsrat von Ersol gelang, unter Schwierigkeiten einen ersten Tarifvertrag für Bosch Solar Energy auszuhandeln.

Rainer Hinrichs-Rahlwes vom Bundesverband Erneuerbare Energie, der in den zwanzig Jahren seines Bestehens 24 Mitgliedsorganisationen gewonnen hat, erklärte, Deutschland sei zwar noch immer ein Paradies für Erneuerbare Energien, jedoch eines mit deutlichen Wolken am Horizont, vor allem im Bereich Fotovoltaik. Rob McCulloch von der BlueGreen Alliance, einer Vereinigung von Industriegewerkschaften und Naturschutzverbänden, stellte die Situation in den Vereinigten Staaten dar, wo man nun vor allem bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen verteidigen müsse, da die Erfolge der Tea-Party Bewegung jede weitere Bewegung zu fortschrittlichen Politiken blockiere. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass faire Arbeitsbedingungen eine wesentliche Voraussetzung für eine fortgesetzte Akzeptanz der Erneuerbaren Energien in Europa darstellen, damit nicht nur grüne Billigjobs sondern ordentliche Arbeitsplätze entstehen.

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Quellen[Bearbeiten]

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