Die Erde dreht sich schneller als erwartet: Keine Schaltsekunde am Jahresende 2010
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Frankfurt am Main (Deutschland), 28.12.2010 – Die Zeitwächter des Internationalen Erdrotationsdienstes (IERS) werden Ende des Jahres keine Schaltsekunde in unsere Standardzeit einfügen. Die Erde drehte sich 2010 doch schneller als erwartet worden war. Zuletzt war an der Jahreswende 2008/2009 eine solche Schaltsekunde eingefügt worden.
Die Uhren auf der Erde „gehen“ eben nicht „nach dem Mond“, tatsächlich aber verlangsamt der Erdtrabant durch seine Anziehungskraft die Geschwindigkeit der Erdrotation. Ebbe und Flut sind die wesentlichen Agenten dieser Verlangsamungsarbeit. Seit der Einführung der Atomzeit vor 50 Jahren verlangsamte sich die Geschwindigkeit der Erddrehung um mehr als eine halbe Minute. Dennoch ist dieses Mal am Jahresende 2010 keine Schaltsekunde erforderlich, obwohl das nach der letzten Schaltsekunde Ende 2008 erwartet worden war.
Die Geschwindigkeit der Erdrotation unterliegt laut einer Pressemitteilung des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie einer Reihe „natürlicher Prozesse“, die in den letzten Jahren die Erde wieder etwas schneller „ticken“ ließen. Zu den Faktoren, die die Geschwindigkeit der Erdrotation beeinflussen, gehören unter anderem die Wassermassen, die sich mit Tief- und Hochdruckgebieten um die Erde bewegen, dazu die Meeresströmungen, deren Geschwindigkeit nicht immer gleich ist. Hinzu kommen Verlagerungen von Erdmaterial durch verschiedene geologische Prozesse. Sogar die im Drei-Schluchten-Damm des Jangtsekiang aufgestauten Wassermassen sollen Einfluss auf die Erdrotation haben. All diese Prozesse sind kaum vorherzusagen, noch viel weniger ist ihre Wirkung auf die Erdrotation zu quantifizieren. Die entsprechenden geologischen Dienste beobachten daher hauptsächlich wie die tatsächliche Erdrotation verläuft. Dieses Jahr also keine Schaltsekunde. Langfristig gesehen wird sich die Erde jedoch langsamer drehen. Soviel scheint sicher.
Ob in Zukunft weiterhin etwa alle zwei Jahre eine Schaltsekunde eingefügt werden soll, wird unter den Fachwissenschaftlern der Zunft noch diskutiert. Ein anderes Verfahren wird möglicherweise das zweijährige Einfügen von Schaltsekunden in Zukunft ablösen, da sich doch immer wieder kleine Fehler in diverse Computersysteme durch die kleine Zeitmanipulation einschleichen. Gedacht ist daran, ein paar Jahre lang untätig zu bleiben und die kleine Zeitdifferenz zwischen der Atomzeit und der schwankenden Erdzeit in Kauf zu nehmen und erst wenn die Differenz den Wert einer Stunde erreicht hat, an dem dann folgenden Jahresende gleich eine ganze Stunde zu warten bis die man die Uhr weiterlaufen lässt. Nach einem in den Fachgremien der IERS entworfenen Szenario wäre ein entsprechendes Eingreifen in den Zeitablauf nach diesem Modell erst im Jahr 2600 erforderlich.