Deutschland: Zypries droht eine Haftstrafe

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Veröffentlicht: 14:45, 13. Feb. 2008 (CET)
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Berlin (Deutschland), 13.02.2008 – Das Amtsgericht Berlin-Mitte untersagte dem Bundesjustizministerium in einem Urteil, die IP-Adressen seiner Seitenbesucher zu speichern. Um dieses Urteil zu untermauern, drohte das Gericht dem Ministerium ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro, ersatzweise sechs Monate Haft für Brigitte Zypries (SPD) höchstpersönlich, an.

Das Amtsgericht bewilligte damit einen Antrag des Klägers Patrick Breyer. Breyer ist Jurist und im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung tätig, welcher sich gegen die Speicherung von Telekommunikationsdaten einsetzt.

Nach dem damaligen Urteil und einem gescheiterten Revisionsverfahren vor dem Landgericht erstellt das Ministerium nach eigenen Angaben nur noch anonyme Statistiken über die Nutzung ihrer Webseite. Da Zypries jedoch eine Unterlassungserklärung ohne Strafbewehrung ausgab, vermutete der Kläger, dass die Gefahr der Tatwiederholung bestünde. Das Amtsgericht bestätigte seine Vermutung, indem es die ursprüngliche Erklärung von Zypries als nicht ausreichend zurückwies. Aus diesem Grund drohte es nun diese Strafe an.

Hintergrund

Entscheidungsgrundlage für das Urteil des Amtsgerichts war das Telemediengesetz. Seit März 2007 hat die Speicherung der IP-Adressen von Webseitenbesuchern zu unterbleiben. Nach Ansicht des Amtsgerichts reichen Sicherheitsbedenken nicht aus, personenbeziehbare Daten aller Seitennutzer zu speichern.

Die Bundesregierung gibt an, dass noch immer „die überwiegende Anzahl“ der Bundesministerien gegen diese Regelung verstoßen. Dies wurde vielfach mit ständigen, hoch professionellen Angriffen auf die Webseiten begründet. Die Urteile aus Berlin sind deshalb keine generelle Antwort auf die Frage, ob die Speicherung der Nutzungsdaten zulässig ist. Trotzdem rät Breyer allen Internetdienstleistern, die Speicherung von IP-Adressen wegen rechtlicher Risiken zu unterlassen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, in dem Breyer aktiv ist, gründete schon zuvor die Initiative „Wir speichern nicht“, die Webseitenbetreiber dazu anregen soll, auf die Erfassung der Nutzungsdaten zu verzichten. Für alle Seiten, die dieses Konzept umsetzen, gibt es ein Gütesiegel, welches sie auf der Website anbringen dürfen. Der Kampagne schlossen sich bisher die Linkspartei, die Piratenpartei und die FDP in Baden-Württemberg an.

Quellen