Bundesrat will in Deutschland eigenen Straftatbestand für die Beschneidung weiblicher Genitalien schaffen
Veröffentlicht: 20:04, 12. Feb. 2010 (CET) Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen. |
Berlin (Deutschland), 12.02.2010 – Der deutsche Bundesrat, die Länderkammer, will einen neuen Straftatbestand einführen. Die Beschneidung weiblicher Genitalien soll durch ein neues Gesetz schärfer sanktioniert werden können. Auch wenn die Tat im Ausland begangen wurde, sollen die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland tätig werden können. Außerdem soll die Verjährung der Tat bis zum Erwachsenenalter der betroffenen Mädchen und Frauen ausgesetzt werden.
In Deutschland sollen jedes Jahr 20.000 Frauen und Mädchen von diesem Ritual betroffen sein. Rund 4.000 Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund gelten laut Bundesrat als besonders gefährdet, während eines Auslandsaufenthalts, beispielsweise während der Ferien im Herkunftsland der Familie Opfer des Beschneidungsrituals zu werden. Die Genitalverstümmelung stuft der Bundesrat als eine Verletzung der Grundrechte der Mädchen und Frauen (Recht auf körperliche Unversehrtheit) ein. Als Strafmaß ist eine Haftstrafe von mindestens zwei Jahren vorgesehen.
Der Gesetzentwurf soll zunächst der Bundesregierung zugeleitet werden. Außerdem hat der Bundesrat noch einen weiteren Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der thematisch mit dem genannten verbunden ist. Die Zwangsverheiratung soll ebenfalls ins Strafrecht als neuer Tatbestand eingeführt werden.
Die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ fordert anlässlich eines internationalen Aktionstages am 6. Februar „Null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung!“. Eine Kernforderung der Organisation ist die Aufnahme der Beschneidung weiblicher Genitalien in den medizinischen Diagnoseschlüssel, damit die Krankenkassen medizinische Hilfe für die Betroffenen übernehmen müssen. Laut Terres des Femmes leiden viele Mädchen lebenslang an den Folgen der Verstümmelung. Die Organisation fordert außerdem Präventionsmaßnahmen zum Schutz der Mädchen vor diesem Ritual. Als Maßnahme wird die verpflichtende Teilnahme aller Kinder in Deutschland an den ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen vorgeschlagen.
Terre des Femmes begrüßt die Gesetzgebungsinitiativen des Deutschen Bundesrates. Die Organisation fordert darüber hinaus eine Verbesserung des Rückkehrrechtes für Mädchen, die bei einem Auslandsaufenthalt zwangsweise verheiratet wurden. Oft gelinge es diesen Mädchen und jungen Frauen nicht rechtzeitig, das heißt innerhalb des gesetzlichen Zeitraums von 6 Monaten, sich aus einer solchen Zwangsverheiratung zu befreien. Terres des Femmes fordert die Ausweitung des Rückkehrrechts auf drei Jahre.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen weltweit zwischen 100 und 140 Millionen Mädchen an den Folgen der Genitalbeschneidung leiden. Allein in Afrika sind 92 Millionen Mädchen ab zehn Jahren Opfer dieser Praxis. Die WHO ist insbesondere besorgt über den zu beobachtenden Trend, dass der Eingriff zunehmend von medizinischem Personal vorgenommen wird und fordert die in der medizinischen Versorgung tätigen Personen auf, sich an dieser Praxis nicht zu beteiligen.
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Quellen
- www.bundesrat.de: „Schutz vor Genitalverstümmelung“ (12.02.2010)
- www.dw-world.de: „Bundesrat will gefährliche Rituale stoppen“ (12.02.2010)
- www.frauenrechte.de: „6. Februar 2010: Internationaler Tag ‚Null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung!‘“ (Aufruf der Seite am 12.02.2010)
- www.frauenrechte.de: „Gesetze gegen Zwangsheirat und weibliche Genitalverstümmelung im Bundesrat“ (12.02.2010)
- www.who.int: „Female genital mutilation“ (Aufruf der Seite am 12.02.2010, Stand: Februar 2010)
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