Volksentscheid in Island: Entschädigungszahlung für Pleitebank abgelehnt

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Veröffentlicht: 15:40, 10. Apr. 2011 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.

Reykjavík (Island), 10.04.2011 – Auch in der zweiten Abstimmung lehnte das isländische Volk Entschädigungszahlungen an London und Den Haag ab. Laut TV-Sender Ríkisútvarpið (RUV) haben sich 58 Prozent gegen die von der Regierung ausgehandelte Schuldenrückzahlung ausgesprochen. Obwohl zu diesem Zeitpunkt erst zwei Drittel der Stimmen ausgezählt waren, ist nicht mehr mit einer Zustimmung zu rechnen – ein Schock für das Parlament, dass dem Entschädigungsgesetz mit 70 Prozent zugestimmt hatte.

Am 7. Oktober 2008 musste die isländische Onlinebank Icesave Insolvenz anmelden. Kunden hatte die Bank in England, den Niederlanden und in Island. Nach dem Zusammenbruch der Bank entschädigte Island nur die Kunden aus dem eigenen Land. Für die rund 340.000 Kunden aus England und den Niederlanden sprangen die eigenen Regierungen ein.

Bereits im März 2010 hatten die Isländer über die Entschädigung der Icesave-Kunden abgestimmt und diese mit 93 Prozent der abgegebenen Stimmen abgelehnt. Hauptargument waren damals die hohen Zinsen, die für die Rückzahlung vereinbart worden waren. Es folgten neue Verhandlungen mit England und den Niederlanden. Man einigte sich auf eine Rückzahlung bis zum Jahr 2046. Für die 1,3 Milliarden Euro für die Niederlande sollten ein Zinssatz von drei Prozent gelten, für die 2,6 Milliarden Euro für England ein Zinssatz von 3,3 Prozent. Dies stellte eine Verbesserung der Rückzahlungsbedingungen dar. Im zweiten Volksentscheid lehnten die Bürger auch diese Vereinbarung ab, wenn auch nicht mehr mit so deutlicher Mehrheit. Hauptargument war jetzt, dass das Land nicht für die Verbindlichkeiten einer Privatbank einstehen müsse.

Die zweite Volksabstimmung war notwendig geworden, nachdem der Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson im Februar 2011 eine Ratifizierung des Entschädigungsgesetzes abgelehnt hatte. Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir zeigte sich enttäuscht vom voraussichtlichen Ergebnis der Volksabstimmung. Man hatte gehofft, so einen Weg aus dem Konflikt zu finden. Jetzt wird sich die EU-Gerichtsbarkeit mit den Standpunkten der Länder beschäftigen und klären müssen, ob eine Verpflichtung von Island gegenüber England und den Niederlanden besteht, die Zahlungen zu leisten. Wirtschaftsminister Arni Pall Arnason sagte in der Nacht auf Sonntag, er werde diesbezüglich am Montag Kontakt mit dem EFTA-Gerichtshof in Luxemburg aufnehmen. Die im Raum stehende hohe Schuldenlast für die 318.236 Bürger von Island ist somit durch die Abstimmung nicht vom Tisch.

Themenverwandte Artikel

Quellen