Vertragsverletzungsverfahren droht: Bundesregierung uneins über Vorratsdatenspeicherung

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Veröffentlicht: 08:01, 18. Apr. 2012 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 18.04.2012 – Am 22. April 2012 läuft die Frist ab, die die Europäische Kommission der deutschen Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht gesetzt hatte. Danach droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.

Der Spiegel hat diese Woche berichtet, dass es diesbezüglich innerhalb der Bundesregierung weiterhin keine Einigung gegeben hat. Das in der Sache federführende Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium sind uneins über den Gesetzentwurf, den Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) diese Woche im Kabinett vorlegen wollte. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) habe den Entwurf an das Bundesjustizministerium zurückgeschickt mit der Begründung, er bleibe hinter den europarechtlichen Vorgaben zurück. Man könne dem Gesetzentwurf nur unter Auflagen zustimmen. Diese machten einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge „mehrere Seiten“ aus und seien zudem „in patzigem Tonfall“ gehalten gewesen.

Der Entwurf, der die europäische Richtlinie im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung vom 2. März 2010 (Az.: 1 BvR 256/08) umsetzen soll, sah unter anderem vor, nur auf Anforderung durch die Strafverfolgungsbehörden bei konkretem Verdacht auf eine Straftat Verbindungs- und Standortdaten einzufrieren, um sie nach vorheriger richterlicher Kontrolle für die Strafverfolgung herausgeben zu können (so genannter Quick Freeze plus). IP-Adressen sollten generell sieben Tage auf Vorrat aufbewahrt werden. Das Bundesinnenministerium verlangt dagegen eine sechsmonatige Speicherung der Verbindungsdaten, die von einem Tatverdacht unabhängig ist.

Vermittelnde Lösungen, die sowohl von FDP- als auch von Unionspolitikern ins Spiel gebracht worden waren, konnten sich bisher nicht durchsetzen. In der Union gab es Stimmen, die eine nur dreimonatige Speicherung für ausreichend hielten, während der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) auch eine verdachtsunabhängige Speicherung in Verbindung mit eng gefassten Voraussetzungen für den Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden befürwortete. Er drängte auch auf eine Lösung innerhalb der beiden nächsten Monate.

Bürgerrechtler, aber auch Presseverbände lehnen eine verdachtsunabhängige Datenspeicherung auf Vorrat weiterhin strikt ab.

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Quellen[Bearbeiten]