Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau: Was geschieht nach dem Tod des letzten Überlebenden?
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London (Vereinigtes Königreich) / Oświęcim (Polen), 10.02.2009 – Die BBC befasste sich am 26. Januar mit der Frage, was nach dem Tod des letzten Überlebenden mit dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau geschehen wird.
Zwei Professoren und Experten mit konträren Ansichten zum Thema, Historiker Robert Jan van Pelt und Auschwitz-Konzil-Vorsitzender Władysław Bartoszewski, gaben ihre Meinung kund. Während van Pelt für die natürliche Überwucherung durch die Natur plädierte, setzte sich Bartoszewski, der selbst ein ehemaliger Insasse ist, für die Instandhaltung als Mahnmal ein.
Robert Jan van Pelt begründete seine Ansicht damit, dass die Gebäude in Auschwitz den Nicht-Inhaftierten wenig Auskunft über die Geschehnisse geben können. Viele Überlebende hätten ihm berichtet, dass es ihnen nach einer Rückkehr zum Ort ihrer ehemaligen Gefangenschaft besser ginge, doch für Nichtinsassen biete der Ort nichts Besonderes. Der Historiker forderte daher eine Instandhaltung, solange es noch Überlebende gibt. Danach verschwinde jedoch die echte Erinnerung. Die Natur solle dann mit Gras, Wurzeln und Sträuchern die Überreste des „von Menschen geschaffenen Lagers“ überwuchern. Er glaubt, die angemessenste Möglichkeit zur Ehrung der Ermordeten und Überlebenden sei es, „die unnatürlichste Schöpfung des Menschen“ vor der Welt zu versiegeln, bis sie auf natürlichem Weg wie die Erinnerung daran verschwindet.
Władysław Bartoszewski, der als „Schutzgefangener 4427“ von September 1940 bis April 1941 in Auschwitz inhaftiert war, sieht die Überlebenden als Vollstrecker des Vermächtnisses der Ermordeten, die späteren Generationen die Wahrheit über die Lager in Auschwitz mitteilen sollen. An dem Tag, an dem es keine Überlebenden mehr geben wird, so glaubt er, werden die Steine schreien. Die Überreste der Krematorien, Gaskammern, die Todeswand, die Barracken und die dunklen Zellen in Block 11 müssten für die Nachwelt erhalten werden, auch wenn es teuer wird. So wie das römische und griechische Reich durch ihre Überreste noch immer präsent seien, müsse auch das Gedenken an die Leiden von Hunderttausenden und den Völkermord an den Juden als Symbol gegen die Verachtung stehen bleiben. Kein anderer Ort sei gleichzeitig Konzentrations- und Vernichtungslager gewesen. Die Überreste müssten immer eine brennende Wunde bleiben, die Menschen aufrappele, für das Schicksal der Welt einzustehen. Es sei so, als würde man das Andenken an die Opfer zertreten, wenn das Gedenken verschwinden dürfe. Möglicherweise könnte mit dem Verschwinden der Erinnerung sogar ein Weg geöffnet werden, um ein ähnliches Böses zuzulassen.
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Quellen
- news.bbc.co.uk: „Cash crisis threat to Auschwitz“ (26.01.2009)