Kenia: Richter erklären islamische Gerichte für illegal

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Veröffentlicht: 23:44, 27. Mai 2010 (CEST)
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Kenia

Nairobi (Kenia), 27.05.2010 – Seit Ende der Kolonialzeit regelt die muslimische Minderheit in Kenia viele rechtliche Angelegenheiten selber. Die muslimischen Gerichte, sogenannte „Kadi-Courts“, kommen insbesondere bei Fällen des Familienrechts wie Scheidungen, Ehebruch und Erbstreitigkeiten zum Einsatz. Grundlage der Rechtsprechung bildet hierbei die Scharia.

Nachdem christliche Kirchen vor sechs Jahren dagegen geklagt hatten, erklärte nun ein Richterausschuss diese Gerichte für unvereinbar mit der kenianischen Verfassung. In dem säkularen Staat gelte die weltanschauliche Gleichbehandlung, so dass eine Gerichtsbarkeit, die den Islam bevorzuge, illegal sei.

Im August findet ein Referendum über den Entwurf einer neuen Verfassung statt. Nachdem es im Umfeld der Wahlen 2007 zu Unruhen zwischen verschiedenen Volksgruppen gekommen war, sollen dort die Machtverhältnisse neu geregelt werden.

Da die Landesgrenzen in Schwarzafrika meist noch aus der Kolonialzeit stammen, umfassen Staaten dort oft eine Vielzahl konkurrierender ethnischer und religiöser Gruppen was vielfach zu Konflikten führt. Unterschiedliche Rechtssysteme in einem Staat sind daher als Zugeständnisse an einzelne Gruppen keine Seltenheit. Während auch fundamentalistische Christen ihre religiös motivierten Rechtsvorstellungen in das jeweilige Landesrecht zu integrieren versuchen, sind es insbesondere islamische Gruppen, die eine religiöse Rechtsprechung fordern. Im muslimischen Norden Nigerias gilt beispielsweise sogar muslimisches Strafrecht. Dort war es im sogenannten Scharia-Konflikt ebenfalls zu blutigen Unruhen gekommen.

Islamische Rechtsprechung für Minderheiten ist jedoch nicht nur auf Afrika beschränkt. Auch in Griechenland können Muslime bestimmte Angelegenheiten nach der Scharia anstelle des griechischen Rechts regeln lassen. In England und den Niederlanden gab es bereits Diskussionen über ähnliche Regelungen.

Kritiker sehen hierin eine Aushöhlung des säkularen Rechtsstaats. Auch sei die Scharia nicht vereinbar mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg urteilte in mehreren Verfahren, dass die Scharia „inkompatibel mit den fundamentalen Prinzipien in der Demokratie“ sei.

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Quellen