Kein Verbrechen ungestraft? – Zwischenbilanz zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag
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Tübingen (Deutschland), 12.02.2008 – Unter dem Titel "Ende der Sraflosigkeit?" zog Hans-Peter Kaul, Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, bei einem Vortrag an der Universität Tübingen eine Zwischenbilanz nach fünf Jahren seines Bestehens. Gerade dieser Tage rückt der Internationale Strafgerichtshof (International Criminal Court, kurz ICC) in den Brennpunkt des Interesses weil seit wenigen Tagen drei hochrangige kongolesische Gefangene im erst 2005 eingerichteten Gefängnis des ICC befindlich sind. Der neueste Gefangene, Mathieu Ngudjolo Chui aus der Demokratischen Republik Kongo, musste diesen Montag 11.02.2008 das erste Mal vor dem Gericht erscheinen, was über Satellit an viele Nachrichtensender übertragen wurde. 70 Straftaten aus drei großen Bereichen, so Kaul, würde der ICC verfolgen können, viele der derzeit laufenden Verfahren seien aus Afrika, zum Teil sei die Zuständigkeit aber vom betreffenden Land selbst an den ICC übertragen worden, für die Krisenregion Darfur im Sudan sei diese Kompetenzzuteilung jedoch durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erfolgt. In diesem konkreten Fall berichte der ICC regelmäßig an den Sicherheitsrat, zuletzt am 5. Dezember 2007, wobei man sich über mangelnde Unterstützung sowohl des Sudan als auch der Mitglieder des Sicherheitsrates beklagt hatte. Bei Börsen und in anderen Angelegenheiten sei es möglich, Informationen in Sekundenschnelle rund um den Erdball zu schicken. Wieso, so Kaul, ist es nicht möglich, das auch bei strafrechtlich relevanten Informationen und Unterlagen zu tun?
Solange die derzeitige US-Regierung aber andere Nationen aktiv davon abhalte, dem ICC-Abkommen beizutreten, sei es schwierig, rasch über die bisher 105 von 192 UN-Mitgliedern hinauszuwachsen und zu der universellen Rolle zu kommen, die ursprünglich für den ICC vorgesehen war. Gefragt, wie sich das unter den derzeit aktiven Präsidentschaftskandidaten ändern werde, verwies Kaul auf wohlwollende, aber unkonkrete Aussagen von Hillary Clinton und Barak Obama sowie auf die Aussage des republikanischen Spitzenkandidaten John McCain, er werde als Präsident mit dem Generalsstab darüber beraten, ob und wie man mit dem ICC zusammenarbeiten und ob und wie man ihm eventuell nähertreten könne. Selbst eine Neutralität der USA gegenüber dem ICC würde dieses und seine Fortschritte geradezu beflügeln, so Kaul, weil bisher neben den USA auch andere bevölkerungsreiche Staaten noch nicht beigetreten seien.
Auf die Frage nach drei Wünschen des ICC an die Europäische Union antwortete Richter Kaul, als erstes wünsche er sich aktivere Hilfe bei Festnahmen und Überstellungen von mit ICC-Haftbefehl gesuchten Personen, als zweites eine stärkere Bemühung der Europäischen Union um mehr Unterzeichnerstaaten, da noch nicht alle Europäischen Staaten dem ICC-Protokoll beigetreten seien, so fehle etwa noch Tschechien als EU-Mitglied und einige Mitglieder des Europarats. Den dritten Wunsch wollte er sich aufsparen. Man weiß ja nie.
Quellen
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- internationaler-strafgerichtshof.de: „Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA“ (gelesen am 11.02.2008)
- icc-cpi.int: „ICC-01/04. Situation in Democratic Republic of the Congo“ (gelesen am 12.02.2008)
- sfgate.com: „Presidential candidates diverge on U.S. joining war crimes court“ (02.01.2008)