Immer mehr Katholiken in Deutschland verlassen ihre Kirche

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Veröffentlicht: 09:31, 8. Apr. 2011 (CEST)
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Deutschland, 08.04.2011 – Nach Schätzungen ist die Zahl der Kirchenaustritte bei der katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2010 um 40 Prozentpunkte gegenüber 2009 gestiegen. Dies entspricht 180.000 Austritten oder einer Abnahme der Mitgliederzahl um 0,72 Prozentpunkte. Das Bundesland Bayern weist dabei besonders hohe Anteile aus. Hauptursache dürfte die sexuelle Gewalt und die körperliche Gewalt gegen Kinder gewesen sein, die von Priestern und Ordensleuten ausgegangen ist, und die jahrelange Vertuschung aus den höchsten Kirchenrängen.

Dies wiegt schwer, da 2010 viele bis dahin in der Kirche engagierte Christen unter den Ausgetretenen waren oder über einen Austritt nachdachten. Auch die steigende Tendenz des Mitgliederschwunds dürfte Unruhe bei der Kirchenleitung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland hervorrufen. Zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland liegt die Zahl der Austritte aus der römisch-katholischen Kirche über jener der Evangelischen Kirche.

Wilhelm Schraml, der Bischof von Passau, fordert eine Umkehr, eine Erneuerung und innere Reinigung der Kirche. Man setze neben dem Papstbesuch im September 2011 auf strukturierte Gespräche in den kommenden Jahren. Reformen werden auch von vielen Kirchenmitgliedern erwartet. Die katholische Kirche erscheint vielen Gläubigen zu verkrustet und bürokratisch, um darauf reagieren zu können. Diskussionsthema ist in einigen Gemeinden der Ausschluss von Frauen für das Priesteramt. Auch der Zölibat bietet Anlass zur Kritik, selbst innerhalb der katholischen Kirche. Der Freiburger Prof. Michael Ebertz äußerte gegenüber dem Domradio: „Es handelt sich um mehr als einen Vertrauensverlust, es handelt sich um eine tiefe Erschütterung“.

Die Kirchensteuereinnahmen sind um 2,2 Prozent im Vergleich zum Jahr 2009 gefallen. Das Aufkommen der katholischen Kirche liegt bei 4,8 Milliarden Euro. Dies ist der dritthöchste Wert seit Einführung der Steuer. Hintergrund sind die sinkende Zahl der Arbeitslosen und die guten Konjunkturdaten.

Für den Austritt aus den großen Kirchen ist eine Gebühr fällig. Diese darf nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02.07.2008 wegen des Aufwandes erhoben werden. Für Harz IV Empfänger kann dies einen Eingriff in die Religionsfreiheit bedeuten, wenn sie diesen Betrag nicht aufbringen können.

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Quellen