Hamburger Luftreinhaltung: Kritik an den Messungen

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Veröffentlicht: 14:38, 04. Juni 2018 (CEST)
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14 Messstationen messen NO2 in Hamburg. In Innenstadtlagen östlich der Alster direkt am Straßenrand liegt nur eine einzige - und die weist die höchsten NO2-Messwerte aller 14 Stationen auf.

Hamburg (Deutschland), 01.06.2018 – Gestern haben in Hamburg in Kraft getretenen Fahrverbote in zwei Straßen der Innenstadt für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt. Betroffen sind einerseits Diesel-LKW bis Euro Norm V, die die Stresemannstraße befahren wollen. Dazu sind auf der Max-Brauer-Allee auf einer Teilstrecke von 580m Fahrer Diesel-LKW bis Euro Norm V und Diesel-PKW bis Euro-Norm 5 gesperrt.

Begründet wird das Fahrverbot durch die Hamburger Umweltbehörde mit Luftreinhaltungsmaßnahmen, um die europaweit vorgeschriebenen Grenzwerte insbesondere von Stickstoffoxiden einzuhalten. Die maximal zulässige NO2-Konzentration liegt bei 40 µg/m3 im Jahresdurchschnitt. In Hamburg wurde dieser Wert in den vergangenen Jahren regelmäßig überschritten an den Messstationen Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee, aber auch an den Stationen Kieler Straße und Habichtstraße.

Die von der Umweltbehörde getroffenen Maßnahmen werden vielfach kritisiert: „reine Symbolpolitik“, „blinder Aktionismus“, „nicht weit genug gehend“, „unausgegoren“:

  • Welche Wirkung soll ein Fahrverbot für Diesel-PKW auf einer einzigen Straße im ganzen Stadtgebiet mit einer Gesamtstrecke von 580m entfalten?
  • Ist diese Maßnahme nicht wirkungslos, wenn diese Diesel-PKW-Fahrer leicht in Nebenstraßen der betroffenen 580m-Strecke ausweichen können?
  • Ist die Wirksamkeit der Maßnahme nicht weiter zu bezweifeln, wenn es Ausnahmen für alle möglichen Gruppen, wie Anlieger, Handwerker, Müllautos und Notfalleinsatzkräfte, gibt?
  • Wie soll die Polizei das Fahrverbot durchsetzen, wenn man jeden Diesel-PKW einzeln anhalten muss, um die Papiere des Fahrzeuges zu kontrollieren, ob es der Schadstoffnorm 6 entspricht, wenn es keine entsprechende Plakette auf der Windschutzscheibe gibt?
  • Wenn man schon streckenbezogen sperren möchte, um Dieselfahrer nicht über Gebühr zu belasten, warum werden nicht auch die Straßen gesperrt, an deren Messstationen die Grenzwerte ebenfalls überschritten werden: die vielbefahrene Habichtstraße auf dem Ring 2 und die ebenfalls stark befahrene Kieler Straße?

Es ginge dem Hamburger Senat bestenfalls um die Einhaltung der Messwerte an den Messstationen, aber nicht um eine ernsthafte Reduzierung der Schadstoffe.

Das Verkehrsverlagerung in die Nebenstraßen nicht zu einer erhöhten Schadstoffbelastung in diesen Straßen führt, ließe sich leicht überprüfen: Die Hamburger Umweltbehörde müsste zusätzliche Messstationen in diesen Straßen aufstellen. Allerdings ist jetzt schon auffällig, dass es in ganz Hamburg auf einer Fläche von 755 km² überhaupt nur 14 Stationen gibt. Nur wenige dieser Stationen liegen an erwartbar kritischen Punkten. Die vier Stationen, die die Messwerte in 2017 überschritten haben und in 2018 weiter regelmäßig überschreiten, liegen im Innenstadtbereich an Hauptverkehrsstraßen. Aber warum gibt es keine Messstationen in der Nähe des Hauptbahnhofs, in der Spaldingstraße, am Berliner Tor, in der Sievekingsallee, in Winterhude oder Wandsbek, die alle hohe Verkehrszahlen aufweisen? Für ganze Stadtviertel, insbesondere die bei der typischen Westwindlage voraussichtlich besonders betroffenen Quartiere östlich der Alster, liegen schlicht keine Messwerte vor.

Dafür wurden Messstationen an Naturschutzgebieten (Station Neugraben: Naturschutzgebiet Moorgürtel), in perfekter Westwindlage an der Elbe (Stationen Veddel, Billbrook) oder am wenig beflogenen Flughafen von Airbus (zwei Stationen), der auch an der Elbe liegt, aufgestellt. Einige Innenstadtstationen wurden in Parks, in Grünanlagen oder an Grünstreifen aufgestellt (Stationen Sternschanze, Karlshöhe, Wilhelmsburg). Die Grenzwerte an diesen Stationen wurden in den letzten Jahren eingehalten.

Warum kurzfristig keine neuen Stationen direkt am Straßenrand in vermutlich kritischen Lagen aufgestellt werden, um die Vorwürfe zu entkräften, sollte der in der Verantwortung stehende Hamburger Umweltsenator beantworten.


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Themenverwandte Artikel[Bearbeiten]

  Durchfahrtsverbot von Dieselfahrzeugen auf zwei Hamburger Straßen ab 31. Mai 2018 (24.05.2018)

Quellen[Bearbeiten]