EU-Parlament stimmt Vorratsdatenspeicherung zu

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Artikelstatus: Fertig 22:20, 14. Dez. 2005 (CET)
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Plenarsaal des EU-Parlaments

Straßburg (Frankreich), 14.12.2005 – Das EU-Parlament hat der Richtline zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. 378 Abgeordnete votierten für die Speicherung von Telekommunikationsdaten, 197 Abgeordnete stimmten dagegen, 30 enthielten sich der Stimme. Die beiden größten Fraktionen, die konservativ-christdemokratische EVP-Fraktion und die sozialdemokratische SPE, haben die veränderte Fassung der Richtlinie unterstützt. Kritik kam hingegen von Abgeordneten der Grünen, der Liberalen und der Linken.

Die Richtlinie sieht vor, dass Verbindungsdaten von Telefongesprächen, Textnachrichten und Internetverbindungen sechs bis 24 Monate gespeichert werden sollen, um sie Ermittlungsbehörden zur Aufklärung von Straftaten zur Verfügung zu stellen. Die genaue Speicherdauer, die Kostenerstattung für die Telekommunikationsanbieter und in welchen Fällen die Daten zur Straftataufklärung eingesetzt werden dürfen, können die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht nun weitgehend selbst entscheiden, da auf europäischer Ebene kein Einvernehmen darüber herzustellen war. Eine Verlängerung der Speicherfrist auf über zwei Jahre muss von den EU-Mitgliedsstaaten begründet werden und wird von der EU-Kommission überprüft. Bei welchen Straftaten ein Zugriff auf die Daten erfolgen darf, wird, ebenso wie die Speicherdauer, von nationalem Recht abhängen.

Datenschutz

Nach dem Ende der Speicherfristen werden alle Daten, ausgenommen derer, die abgerufen wurden, vernichtet. Zur Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen sollen die EU-Mitgliedsstaaten entsprechende Behörden einrichten. Verbindungsdaten dürfen nur einmal gespeichert werden. Darüber hinaus soll der Zugriff auf die Daten möglichst sicher erfolgen.

Ziele der Vorratsdatenspeicherung

Die Regierung Großbritanniens, die die Vorratsdatenspeicherung maßgeblich vorangebracht hat, sieht in der Speicherung von Telekommunikationsdaten eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Terrorismus und schwere Verbrechen. Auslöser für das Engagement der britischen Regierung für die Vorratsdatenspeicherung waren die Terroranschläge in London. Im Zuge der Ermittlungen kam die Polizei einem Verdächtigen durch die Anrufe auf seinem Handy auf die Spur. Der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs hatte sich bereits nach den Anschlägen vom 11. Sebtember 2001 für den Ausbau der Datenspeicherung ausgesprochen. EU-Innenkommissar Frattini sagte, die Verabschiedung der Richtlinie sei ein wichtiger Schritt vorwärts im Blick auf die Bekämpfung schwerer Verbrechen und des Terrorismus.

Neben europäischen Innenpolitikern hatte sich auch die „Creative Media and Business Alliance“, eine Lobbygruppe der Musikindustrie, für die Richtlinie eingesetzt. Die Lobbygruppe hofft, mit Hilfe der gespeicherten Daten gegen Nutzer von Tauschbörsen vorgehen zu können.

Kritik an der Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung wird aber auch von vielen Seiten kritisiert. Die Industrie sieht erhebliche Kosten auf sich zukommen, da vor allem die Speicherung der Internetverbindungsdaten seitens der Inernetserviceprovider große Investitionen erfordern wird. Ein Sprecher der Vereinigung der Internetserviceprovider sagte, die Provider seien keine Behörden zur Durchsetzung von Recht und sollten daher nicht für die zusätzlichen Kosten aufkommen müssen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble schließt dagegen eine Entschädigung der Unternehmen aus. Ein Passus, der eine verbindliche Beteiligung der Regierungen an den Kosten für die Internetserviceprovider vorsah, wurde aus der Richtlinie gestrichen.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bedauert die Verabschiedung der Richtlinie durch das europäische Parlament. Er sieht durch die Vorratsdatenspeicherung erhebliche Eingriffe in die Privatsphäre unverdächtiger Bürger. Aus diesem Grund plädiert er für eine Minimallösung bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht. Zusätzlich fordert er eine Evaluierung, inwieweit die Vorratsdatenspeicherung dann tatsächlich zur Aufklärung von Straftaten beitrage.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht mit der Vorratsdatenspeicherung, ohne Einwilligung der Betroffenen, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedroht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hält die Richtlinie weder für erforderlich noch verhältnismäßig.

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Quellen