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Die österreichische Neuauflage der „Großen Koalition“

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Veröffentlicht: 14:18, 25. Nov. 2008 (CET)
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Das Bundeskanzleramt - Drehscheibe der Regierung

Wien (Österreich), 25.11.2008 – In den frühen Abendstunden des vergangenen Sonntages wurde die Neuauflage der Großen Koalition und die Ressortverteilung verkündet, bereits seit dem Folgetag stehen die Namen fest. Wie jedoch die genaue Bezeichnung der Ministerien lauten wird, zeigt erst das noch zu beschließende Bundesministeriengesetz. Die Angelobung wird voraussichtlich am nächsten Dienstag, also dem 2. Dezember sein. Davor muss noch der Bundesvorstand der ÖVP am kommenden Freitag zustimmen.

Die Ressorts

ÖVP

Die Österreichische Volkspartei erhält folgende Ressorts:

Josef Pröll, geschäftsführender Bundesparteivorsitzender

Bundesministerien für

  • Finanzen
  • Außenpolitik
  • Inneres
  • Wirtschaft/Familien
  • Wissenschaft/Forschung
  • Justiz
  • Landwirtschaft/Umwelt

und

  • Staatssekretariat im Wirtschaftsministerium
  • Staatssekretariat im Finanzministerium

Die ÖVP stellt auch den Vizekanzler.

SPÖ

Die Sozialdemokratische Partei Österreichs erhält folgende Ressorts:

Werner Faymann, Bundesparteivorsitzender

Bundesministerien für

  • Gesundheit
  • Frauen
  • Soziales/Arbeit
  • Verkehr
  • Unterricht/Kultur
  • Landesverteidigung/Sport

und

  • Staatssekretariat im Kanzleramt
  • Staatssekretariat im Finanzministerium

Die SPÖ stellt den Bundeskanzler.

Die Namen

ÖVP

Der bisherige Landwirtschaftsminister Josef Pröll wird Finanzminister. Michael Spindelegger, vor kurzem erst als zweiter Nationalratspräsident angelobt, wird Außenminister. Reinhold Mitterlehner von der Wirtschaftskammer wird Wirtschaftsminister und Nikolaus Berlakovits Landwirtschaftsminister. Maria Fekter bleibt Innenministerin und Johannes Hahn Wissenschaftsminister. Für Überraschung sorgte der Einstieg der aus der BAWAG-Affäre bekannt gewordenen Richterin Claudia Bandion-Ortner, sie wird Justizministerin. Bandion-Ortner ist mit einem niederösterreichischen Kriminalbeamten verheiratet und hat diesen im „Großen Schwurgerichtssaal“ im Landesgericht für Strafsachen Wien geehelicht. Weiters ist sie für ihre Brillensammlung und ihre abendlichen Auftritte am Society-Parkett bekannt.
Reinhard Lopatka wird Staatssekretär für Finanzen und Christine Marek für Jugend und Familie.

SPÖ

Doris Bures wird Verkehrsministerium und folgt Werner Faymann nach, welcher Bundeskanzler wird. Rudolf Hundsdorfer, scheidender ÖGB-Präsident und gelernter Bürokaufmann, wird Sozialminister. Gabriele Heinisch-Hosek, derzeit noch Gesundheitslandesrätin in Niederösterreich, wird Frauenministerin. Alois Stöger, Chef der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, wird Gesundheitsminister. Claudia Schmied behält ihr Unterrichtsministerium und Norbert Darabos sein Verteidigungsministerium.
Andreas Schieder wird Staatsekretär im Finanzministerium und Josef Ostermayer Medienstaatssekretär im Bundeskanzleramt.

Kritik

Seitens der Oposition wird bereits Kritik geübt. Die FPÖ spricht von „Bauchfleck“ und „Ministerrat des Grauens“ sowie von gebrochenen Wahlversprechen. Das BZÖ geht von einem „Umfaller“ Faymanns aus und nennt die neue Regierung „großkoalitionäre Seifenoper“. Die Grünen sehen ein „Drückeberger-Programm“ und ein substanzloses Regierungsübereinkommen.
3 ÖVP-Mitglieder stimmten gegen die Neuauflage der Koalition: Noch-Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein, sowie die Landesobmänner aus Kärnten und der Steiermark, Josef Martinz und Hermann Schützenhöfer. Auch die derzeitige Außenministerin Ursula Plassnik übte Kritik am EU-Kurs der ÖVP und steht daher einer neuen Regierung nicht mehr zur Verfügung. Ebenfalls nicht mehr im neuen Regierungsteam ist Willhelm Molterer.
In der SPÖ äußerte sich Gabi Burgstaller negativ darüber, dass das Justizressort zugunsten der Gesundheit aufgegeben wurde.
Abseits der Kritik von Politikern hat sich auch schon der Anwalt von Helmut Elsner, Schubert, mit Kritik zu Wort gemeldet. Da bei Ausübung eines Ministeramtes eine Nebenbeschäftigung nicht erlaubt ist, muss die Richterin Bandion-Ortner ihr Urteil im BAWAG-Prozess noch vor der Angelobung als Justizministerin fertig stellen. Schubert jedoch lässt Zweifel an der Qualität des Urteils aufkommen und spricht von „Hudelei“.

Bei der ORF-Sendung „Runder Tisch“ gestern Abend ging es auch etwas heiß her. Hundsdorfer und Fekter versuchten, das Regierungsübereinkommen so gut als möglich zu verteidigen, die Opposition zerflückte es naturgemäß.
Als die Moderatorin Ingrid Thurnher das Kärntner Ortstafelproblem gegen Ende der Sendung gegenüber Maria Fekter ansprach, fiel ihr BZÖ-Obmann Herbert Scheibner ins Wort und meinte sinngemäß, als ob es keine anderen Sorgen gäbe. Daraufhin sagte die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek, dass dem BZÖ-Obmann wohl der Rechtsstaat egal sei.

Bezüge

Der Kanzler erhält rund 20.400; 18.000 Euro immerhin für den Vizekanzler. Ein Minister verdient rund 16.320 und ein Staatssekretär noch 14.688 Euro.

Auch um die scheidenden Regierungsmitglieder muss man sich nicht sorgen. Sie wechseln in den Nationalrat als Abgeordnete und erhalten dafür immerhin rund 8.500 Euro pro Person und Monat.

Noch-Justizministerin Maria Berger wechselt ins Europaparlament und übernimmt das Mandat der bisherigen Delegationsleiterin Karin Scheele.

Quellen