Deutschlands Wort des Jahres 2010: „Wutbürger“

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Veröffentlicht: 16:38, 17. Dez. 2010 (CET)
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Wiesbaden (Deutschland), 17.12.2010 – Zum 35. Mal kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) das Wort des Jahres. In diesem Jahr entschied sich die Jury für das Wort „Wutbürger“. Zur Begründung dieser Wahl erklärte die Gesellschaft: „Diese Neubildung wurde von zahlreichen Zeitungen und Fernsehsendern verwendet, um einer Empörung in der Bevölkerung darüber Ausdruck zu geben, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden.“

Ein Sprecher der Bürgerbewegung gegen das Stuttgarter Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 erklärte jedoch auf Nachfrage, dass sich die Bürgerbewegung gegen den Umbau des Stuttgarter Bahnhofs in dieser Wortschöpfung nicht wiederfinde. Das Aktionsbündnis bestehe nicht nur aus Wut, sagte Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis.

Auf den weiteren Plätzen folgten die Wörter Stuttgart 21, Sarrazin-Gen, Cyberkrieg, Wikileaks, schottern, Aschewolke, Vuvuzela, Femitainment und als letztes der Ausdruck „unter den Eurorettungsschirm schlüpfen“.

Mit der jährlichen Kür eines prägnanten Begriffs will die GfdS Begriffe hervorheben, die in der Öffentlichkeit eine herausragende Rolle spielten und in besonderer Weise „charakteristische Themen aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen des gesellschaftlichen Alltags“ markieren. Die Jury wertete hauptsächlich aus 2000 Wörtern und Wendungen aus tagesaktuellen Medien aus. Aber auch Vorschläge von Bürgern, die an die GfdS eingesandt wurden, wurden in den Auswahlprozess einbezogen.

Der Begriff „Stuttgart 21“ wurde ausgewählt, weil der Begriff für eine Protestbewegung um den geplanten Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs steht, die weit über die Region Stuttgart hinaus reichte. Der Begriff „Sarrazin-Gen“ bezieht sich auf die öffentliche Debatte um das Buch „Deutschland schafft sich ab“ des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin, wobei der Begriff „Sarrazin-Gen“ sich ironisch auf die angebliche genetische Differenz von Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund gegenüber der „rein“ deutschen Bevölkerung bezog. Die Begriffe „Cyberkrieg“ und „WikiLeaks“ stehen für die mediale Aufmerksamkeit, die durch die Veröffentlichung geheimer US-Dokumente auf der Internetplattform WikiLeaks in den letzten Wochen entstanden war. Nach der Veröffentlichung hatte es zunächst Hacker-Angriffe auf die Computer mit den von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten gegeben, woraufhin WikiLeaks-Unterstützer im Gegenzug versucht hatten, Computer beziehungsweise Server von Firmen lahmzulegen, die WikiLeaks ihre Unterstützung entzogen hatten (Wikinews berichtete). Zur Bezeichnung dieses virtuellen Schlachtfelds im Internet war der Begriff „Cyberkrieg“ in die öffentliche Debatte geworfen worden. Das Verb „schottern“ bezieht sich auf die Aktionen von Castorgegnern, die mit dem Entfernen von Gleisschotter die Schienenwege zum Transport der Castoren mit radioaktivem Müll nach Gorleben sabotieren wollten (Wikinews berichtete). Der Begriff „Aschewolke“ auf Platz 7 bezieht sich auf den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, dessen Eruptionen den Flugverkehr in großen Teilen Europas lahmgelegt hatte. (Wikinews berichtete). Vuvuzela auf Platz 8 war ein für viele Deutsche neues Wort, das im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika Furore machte. Es handelt sich dabei um ein Plastik-Blasinstrument, mit dem man ohrenbetäubenden Lärm machen kann und mit dem vor allem südafrikanische Fußballfans ihre Mannschaft bei dem Weltcup-Turnier anfeuerten. Das Wort Femitainment bezieht sich auf eine Debatte zwischen der Feministin Alice Schwarzer und der amtierenden Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, in der es um die Themen „Frauenbewegung“ und „Geschlechterrollen“ ging. Der letzte Begriff „unter den Eurorettungsschirm schlüpfen“ bezieht sich auf die Notwendigkeit überschuldeter EU-Mitgliedsstaaten wie Irland und Griechenland sich bei den EU-Partnerstaaten in großem Umfang Geld zu leihen, um einem drohenden Staatsbankrott zu entgehen.

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Quellen