Deutschland: Einigung in Tarifrunde 2008 im öffentlichen Dienst

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Veröffentlicht: 12:56, 1. Apr. 2008 (CEST)
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Potsdam (Deutschland), 01.04.2008 – In der Tarifrunde 2008 im öffentlichen Dienst in Deutschland konnte eine Einigung erzielt werden. Weitere Streiks konnten somit abgewendet werden.

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst können sich über Erhöhungen ihrer Bezüge von rund acht Prozent bis 2009 freuen. Im Gegenzug erreichten die öffentlichen Arbeitgeber von Bund und Kommunen eine Verlängerung der Arbeitszeit in den westlichen Kommunen auf einheitlich 39 Stunden. Um die prozentuale Erhöhung der niedrigeren Gehaltsgruppen anzuheben, wurde ein Sockelbetrag von 50 Euro für alle Beschäftigten rückwirkend ab 1. Januar 2008 vereinbart. Dazu kommt dann eine prozentuale Erhöhung aller Einkommen um 3,1 Prozent für dieses Jahr mit dem 1. Januar als Stichtag im Tarifgebiet West und mit dem 1. April 2008 für das Tarifgebiet Ost. Für das laufende Jahr ergibt sich so eine Erhöhung von rechnerisch 5,1 Prozent. Für das kommende Jahr 2009 wurde dann eine weitere 2,8-prozentige Erhöhung der Bezüge vereinbart, zu der dann noch eine Einmalzahlung von 225 Euro kommt. Die Auszubildenden erhalten rückwirkend ab 1. Januar 70 Euro mehr. Ab April 2008 ist eine Anpassung der Einkommen der in den östlichen Bundesländern beschäftigten Bundesangestellten an das Westniveau vorgesehen. Eine entsprechende Anpassung bei den Beschäftigten der Kommunen soll Anfang 2009 erfolgen.

Die Freude über den errungenen Kompromiss wurde auf Arbeitgeberseite durch die Aussicht auf eine hohe Belastung der öffentlichen Haushalte getrübt. Thomas Böhle von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sprach von „erheblichen Belastungen“ in Höhe von 3,5 Milliarden Euro in diesem und sechs Milliarden Euro im kommenden Jahr, die vor allem die Kommunen zu tragen hätten. Als Konsequenz aus dem Abschluss werde an den Abbau von Stellen sowie die Privatisierung weiterer kommunaler Dienstleistungen gedacht.

Nachdem der Schlichterspruch am Donnerstag, den 27.März 2008, noch von den Gewerkschaften ver.di, dbb tarifunion und GEW verworfen wurde, begannen die erneuten Sondierungsgespräche am Samstagvormittag um zehn Uhr in Potsdam. Die öffentlichen Arbeitgeber von Bund und Kommunen (VKA) wollten offenbar einen langandauernden Streik im öffentlichen Dienst verhindern und signalisierten Entgegenkommen in der strittigen Frage der Arbeitszeit. Der Schlichterspruch hatte eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 39,5 Wochenstunden ab Juli 2008 vorgeschlagen. Die Wochenarbeitszeit beim Bund liegt ohnehin schon bei 39,0 Wochenstunden und in den ostdeutschen Kommunen bei 40,0 Wochenstunden.

Die letzte Runde der Tarifverhandlungen hatten am Samstag mit einem Sondierungsgespräch der Verhandlungsführer begonnen, nämlich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, VKA-Verhandlungsführer Thomas Böhle, dem ver.di Vorsitzenden Frank Bsirske und dem Vorsitzenden der dbb-tarifunion, Frank Stöhr. Gegen 12:30 Uhr waren die Verhandlungen in einer um weitere Fachleute der Verhandlungskommission vergrößerten Runde fortgesetzt und am Samstagabend gegen 22 Uhr unterbrochen worden. Die Arbeitgeberseite hatte am Samstagabend offenbar einen konstruktiven Vorschlag gemacht, der anschließend in der Tarifkommission beraten wurde. Auch am Sonntag war bis spät in die Nacht weiterverhandelt worden, um dann eine Fortsetzung der Gespräche für Montagmorgen zu vereinbaren. Im Verlauf des Morgens wurde dann eine Einigung erzielt, die dann in den zuständigen Gremien der Arbeitgeber und Gewerkschaften zur Abstimmung vorgelegt werden musste. Die Arbeitgeber des Bundes stimmten bereits im Verlauf des Montagvormittags zu während die Tarifkommissionen der beteiligten Gewerkschaften dann schließlich um 14.15 Uhr ein zustimmendes Votum zu dem erzielten Kompromiss abgaben. Die kommunalen Arbeitgeber stimmten kurz danach um 15.00 Uhr ebenfalls zu.

Durch die Einigung können nun flächendeckende und langandauernde Arbeitskämpfe im öffentlichen Dienst abgewendet werden. Die Einigung könnte auch Signalwirkung auf die offenen Tarifkonflikte bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), im Lande Berlin und auf weitere Branchen haben.

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