Boere-Prozess: Urteilsverkündung am Dienstag
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Aachen (Deutschland), 20.03.2010 – In dem Prozess gegen Heinrich Boere wird voraussichtlich am Dienstag vor dem Landgericht Aachen das Urteil verkündet. Dem Angeklagten droht lebenslange Haft.
Dem 88 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, im Juli und September 1944 im Rahmen und Auftrag der SS-Aktion Sonderkommando Silbertanne mit einem Komplizen drei Menschen erschossen zu haben. Der Angeklagte gab an, die Opfer als Terroristen betrachtet zu haben, die er abstrafen müsste, inzwischen jedoch seine Meinung darüber geändert zu haben.
Im Gegensatz zu vielen anderen NS-Tätern beruft sich Boere nicht auf den Befehlsnotstand. Auch die Verteidigung sieht keinen Beweis dafür, dass Boere mit erheblichen Konsequenzen für Leib und Leben hätte rechnen müssen, wenn er den Tötungsauftrag missachtet hätte.
Die Staatsanwaltschaft beantragte, gegen den Angeklagten wegen dreifachen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen. Gegen den bisher im Altersheim wohnenden Mann wurde Haftbefehl beantragt. Die Verteidigung stellte einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe von maximal sieben Jahren. Dabei führt sie unter anderem an, dass ihrer Meinung zufolge nach 66 Jahren die Stimmung des Tatumfelds und die Höhe der Schuld des Angeklagten nicht mehr angemessen gewürdigt werden können. Zudem habe das damalige Völkerrecht eine Erschießung von Geiseln unter bestimmten Umständen vorgesehen, sodass es zu einer Einstufung als legaler Tat nur an formalen Aspekten gefehlt habe.
Ob Boere bei einer Verurteilung tatsächlich die Strafe absitzen muss, sieht Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als fraglich an. Aus Verfahren mit jüdischen Opfern berichtete Maaß, dass aber auch bereits die Feststellung der Schuld durch ein Gericht und das Nichtvergessen der Opfer durch die Justiz wichtig für Hinterbliebene sei.
Bei einer Verurteilung müsse bei Boere zunächst durch ein medizinisches Gutachten die Haftfähigkeit abgeklärt werden, bevor er in ein Gefängnis eingeliefert werden könne. Vermutlich werde er dann nicht in die eigentlich übliche Justizvollzugsanstalt Aachen, sondern in das Justizkrankenhaus Fröndenberg gebracht. Maaß gab jedoch an, keinen Fall zu kennen, in dem ein so hochbetagter Täter tatsächlich seine Strafe hätte verbüßen müssen. Er zog den Vergleich zu einer Bewährungsstrafe, bei der es auch vorrangig auf die „Ahndung des Unrechts“ ankomme.
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