Wehrbeauftragter beklagt unhaltbare Zustände in deutschen Kasernen

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Artikelstatus: Fertig 21:37, 20. Mär. 2007 (CET)
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Berlin (Deutschland), 20.03.2007 – Der Wehrbeauftragte des deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), legte dem Parlament heute seinen 48. Jahresbericht vor. Darin zeichnet der amtierende Wehrbeauftragte ein düsteres Bild der Zustände in den Kasernen und im Alltag der deutschen Soldaten. Hauptproblem sei die wachsende Belastung der Truppe durch Auslandseinsätze. Der Wehrbeauftragte würdigte aber auch die hohe Einsatzbereitschaft der Soldaten, die sie bei vielen Gelegenheiten, humanitären Einsätzen und zuletzt auch bei der Fußballweltmeisterschaft gezeigt hätten. Im Berichtszeitraum haben sich dem Bericht zufolge zeitweise über 9.000 Soldaten (von insgesamt 250.000 Soldaten im Dienst der Bundeswehr) in Auslandseinsätzen befunden.

Insgesamt würden die Soldaten die gestellten Anforderungen bei Auslandseinsätzen „engagiert, couragiert und erfolgreich“ durchführen. Der Bericht hebt ausdrücklich den „hohen militärfachlichen Ausbildungsstand unserer Soldaten sowie ihrer professionellen Einstellung und ihr […] Engagement“ hervor. Der Wehrbeauftragte bemängelt jedoch die Informationspolitik der Bundeswehrführung gegenüber den Soldaten. Diese würden über bevorstehende Auslandseinsätze zuerst über die Medien informiert, bevor sie „durch die vorgesetzten Kommandoebenen offiziell unterrichtet werden.“ Berichtet wird über sanitäre Mängel bei Auslandseinsätzen, schlechte gesundheitliche Betreuung, Versorgungsprobleme und andere Mängel, die sich in einer Weise summiert hätten, dass „das Vertrauen der betroffenen Soldatinnen und Soldaten in den Dienstherrn nachhaltig erschüttert“ worden sei.

Im Hinblick auf den Einsatz im Kongo machte der Wehrbeauftragte deutlich, dass die Bundeswehr bei dem Einsatz in dem zentralafrikanischen Land eine wertvolle demokratische Aufbauhilfe gegeben habe. Andererseits habe es jedoch von den Soldaten eine „nachhaltige Kritik an der Planung und Durchführung des Einsatzes“ gegeben. Diese beziehe sich besonders auf den Zustand der Feldlager in Kinshasa/Kongo und Libreville/Gabun. Diese Kritik sei seiner Einschätzung zufolge gerechtfertigt gewesen.

Der Wehrbeauftragte weist darüberhinaus auf Schwächen der inneren Führung der Bundeswehr hin. Es werden zahlreiche Beispiele aufgeführt, die den Schluss nahe legten, „dass die Auswahl von Unteroffizieren und Offizieren im Hinblick auf ihre Führungsfähigkeiten nicht immer erfolgreich war“.

Der Bericht des Wehrbeauftragten enthält auch harsche Kritik an den Zuständen westdeutscher Kasernen. Viele Eingaben und eigene Truppenbesuche belegten den „schlechten baulichen Zustand vieler Kasernen“. Robbe kritisiert die hinhaltende Reaktion auf die Zustände durch das Bundesministerium der Verteidigung. Von dort hieße es, „die festgestellten Mängel seien bekannt“, aber wegen der angespannten Haushaltslage sei kurzfristige Abhilfe nicht möglich. Dazu der Wehrbeauftragte: „Durch seine Untätigkeit versagt der Dienstherr in einem Kernbereich seiner Fürsorgepflicht.“

Ein besonderes Problem sei die Gewährleistung der ärztlichen Versorgung der Soldaten im Inland durch die Belastung der Bundeswehr durch Auslandseinsätze geworden. Hier herrsche extreme Personalnot. Von den insgesamt 2.400 Ärzten befänden sich 700 auf Auslandseinsätzen. Das verbliebene Personal im Sanitätsbereich leiste übermäßig viele Überstunden, teilweise 70 bis 80 Wochenstunden. Sanitätsoffiziere haben nach Informationen von NDR-Info gegen die Überbelastung durch Mehrarbeit Klage angekündigt.

Im Hinblick auf die Gefahren des Rechtsextremismus weist der Bericht darauf hin, dass auch im Berichtsjahr erneut „147 besondere Vorkommnisse mit Verdacht auf rechtsextremistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet“ worden seien. Die Zahl derartiger Vorkommnisse bewege sich jedoch zahlenmäßig im Rahmen der letzten Jahre. Für 70 Prozent der festgestellten Verstöße seien Grundwehrdienstleistende verantwortlich gemacht worden. Im Wesentlichen handele es sich dabei um so genannte Propagandadelikte. („Sieg-Heil-Rufe“, ausländerfeindliche und rechtsextreme Schmierereien und Ähnliches).

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Quellen