Jakob Maria Mierscheid: Diesmal versagte auch seine Wahlprognose
Artikelstatus: Fertig 17:42, 9. Okt. 2005 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Berlin (Deutschland), 27.09.2005 – Wahlprognosen sind vor jeder Bundestagswahl täglich in allen Nachrichtenmagazinen zu finden. Doch nicht nur große Meinungsforschungsunternehmen veröffentlichen die Ergebnisse ihrer Umfragen. Auch Privatleute und sogar Phantome geben ihre Meinung bekannt. So geschehen vor der Bundestagswahl 2005.
Nur gab es diesmal einen bemerkenswerten Unterschied. Während in den vergangenen 25 Jahren die Wahlprogrognosen des SPD-Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid immer sehr präzise waren, lag er dieses Mal völlig neben dem tatsächlichen Endergebnis. Doch es erging 2005 nicht nur Mierscheid so, auch große Demoskopie-Institute blamierten sich mit ihren Vorhersagen.
Der Berechnungsmodus der Unternehmen ist derart professionell, dass oft bis auf die Nachkommastelle das exakte Ergebnis vorhergesagt werden kann, Trefferquoten bis zu über 90 Prozent sind möglich. Anders hingegen bei den meisten Privatleuten. Mit wissenschaftlichen Formeln ist deren Berechnungsmodus nicht nachvollziehbar. Vollkommen losgelöst von Meinungsumfragen ermitteln sie das Wahlverhalten der Bevölkerung. Auch sie benutzen Formeln, die den Meinungsforschern jedoch völlig unbekannt sind. Jeder von ihnen hat seine eigene Art und Weise das Ergebnis zu ermitteln.
Dass Jakob M. Mierscheid bei der diesjährigen Wahl nicht das richtige Ergebnis vorhersagen konnte, hat nun doch überrascht. Im Gegensatz zu anderen Einzelpersonen ist seine Formel zur Errechnung des Wahlergebnisses wohl bekannt. Mierscheid berechnet das Wahlverhalten der Bürger anhand des direkten Zusammenhangs zwischen der westdeutschen Stahlerzeugung und dem SPD-Stimmenanteil. Wieviele Stimmen die SPD erhält, errechnet sich laut Mierscheid aus den Indexzahlen der Rohstahlproduktion in Deutschland in den alten Bundesländern. Gemessen wird der Rohstahl in Millionen Tonnen jeweils im Jahr der Bundestagswahl.
Diese Art der Berechnung hatte jahrelang bessere Ergebnisse erbracht als die der Meinungsforschungsunternehmen. So erreichte die SPD im Jahr 1994 ein Ergebnis von 37,5 Prozent bei der Bundestagswahl, während die Hochöfen in Westdeutschland im gleichen Jahr 37,9 Millionen Tonnen Rohstahl bearbeiteten. In den Jahren 1998 und 2002 lag Mierscheid noch näher am tatsächlichen Ergebnis: Seine Differenz zu den Endergebnissen betrug jeweils nur 0,1 Prozent. So wird dieses Jahr die Rohstahlproduktion aller Vorhersehbarkeit nach bei rund 38,5 Millionen Tonnen liegen. Das Ergebnis der SPD lag aber in der Tat nur bei 34,3 Prozent. Noch kurz vor der Wahl war Mierscheid optimistisch und sagte in einem Interview gegenüber der taz sehr selbstbewusst: „Die Demoskopen betreiben Demoskopie, wir reden hier über Gesetzmäßigkeiten.“ Seit der Wahl 2005 ist nun der Ruf Mierscheids in Sachen Wahlvorhersage stark geschädigt.
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