Zum Inhalt springen

Verleihung der deutschen BigBrotherAwards 2005

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Artikelstatus: Fertig 13:19, 29. Okt. 2005 (CEST)
Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben.

Bielefeld (Deutschland), 29.10.2005 – Am gestrigen Freitag wurden in Bielefeld die deutschen BigBrotherAwards 2005 verliehen. Unter den diesjährigen Preisträgern sind auch wieder einige Politiker: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) und Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der den „Lifetime Award“ für sein „Lebenswerk“ erhielt.

Otto Schily erhielt den Preis insbesondere für die Art und Weise, mit der er und seine Berater den biometrischen Reisepass unter Umgehung des Deutschen Bundestages, unter Missachtung der gesellschaftlichen Debatte und unter Verletzung des deutschen Passgesetzes auf dem Wege einer EU-Verordnung durchgesetzt haben.

Staunend vernahm das Publikum die Begründung in der Kategorie „Wirtschaft“: Wie eine Saatgutlobby sich daran macht, eine kopiergeschützte Landwirtschaft zu entwickeln, in der der Bauer bei jeder Ernte Lizenzgebühren nachzahlen muss.

Aber auch die inquisitorischen Fragen, die 700 Handybesitzer beantworten mussten, die sich in einer Funkzelle aufhielten, als eine Restpostenbörse von Brandstiftern abgefackelt wurde, sorgte für Staunen - und brachte Erhard Rex, Generalstaatsanwalt Schleswig-Holstein, den BigBrotherAward 2005 in der Kategorie „Kommunikation“.

Die Preisträger im Einzelnen

  • Lifetime: Otto Schily (SPD), Bundesinnenminister
    „Aktuell für die undemokratische Einführung des biometrischen Reisepasses, dessen Technik unausgereift und unsicher ist und der zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung der gesamten Bevölkerung führt“
    „Für sein Lebenswerk, nämlich für den Ausbau des deutschen und europäischen Überwachungssystems auf Kosten der Bürger- und Freiheitsrechte und für seine hartnäckigen Bemühungen um die Aushöhlung des Datenschutzes unter dem Deckmantel von Sicherheit und Terrorbekämpfung“
  • Wirtschaft: Saatgut-Treuhand Verwaltungs GmbH
    „Für Datensammlung über Bauern; Verklagen von mehreren tausend auskunftsunwilligen Landwirten; Beschaffung der Kundendaten von Genossenschaften und verdeckte Testeinkäufe bei Bauern; Aufbau einer zentralen Kontrollstruktur zum Eintreiben der so genannten Nachbaugebühren im Dienste der Saatgutindustrie“
  • Behörden & Verwaltung: Christian Wulff (CDU), Ministerpräsident des Landes Niedersachsen
    „Für die Zerschlagung der Datenschutzaufsicht in Niedersachsen“
  • Kommunikation: Erhard Rex, Generalstaatsanwalt Schleswig-Holstein
    „Für die großflächige Suche nach Zeugen mittels Handy-Ortung ohne fundierte Begründung und für die Verweigerung, die dazugehörigen Unterlagen den Datenschützern des Landes Schleswig-Holstein zur Einsicht zur Verfügung zu stellen“
  • Technik: Diverse Kandidaten
    „Für die schleichende Degradierung von Menschen zu überwachten Objekten und Verharmlosung von Tendenzen zu flächendeckender Überwachung“
  • Verbraucherschutz: FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006 Organisationskomitee Deutschland im DFB
    „für die inquisitorischen Fragebögen zur Bestellung von WM-Tickets, für die geplante Weitergabe der Adressen an die FIFA und deren Sponsoren und für die Nutzung von RFID-Schnüffelchips in den WM-Eintrittskarten und damit den Versuch, eine Kontroll- und Überwachungstechnik salonfähig zu machen zum Nutzen des WM-Sponsors und RFID-Herstellers Philips“
  • Politik: Volker Bouffier (CDU), Innenminister des Landes Hessen
    „Für das neue Hessische Polizeigesetz, mit dem das Fernmeldegeheimnis weiter beschnitten, die informationelle Selbstbestimmung zunehmend ausgehöhlt und der öffentliche Raum fortschreitend zu einer komplett zu überwachenden Zone degradiert wird“
  • Regionalpreis: Grundschule Ennigloh in Bünde, Volksbank Herford und Sparkasse Herford
    „Für die Weitergabe und Nutzung von Adressdaten von Schulanfängern“

Quellen