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Syrien: Wahlen möglicherweise erst in vier Jahren

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Veröffentlicht: 21:45, 31. Dez. 2024 (CET)
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Syrien: Wahlen möglicherweise erst in vier Jahren
Neuer Machthaber Al-Scharaa kündigt eigene Verfassung und Auflösung seiner Miliz HTS an


Damaskus (Syrien), 31.12.2024 – Syriens neuer Machthaber Ahmed al-Scharaa hat am Sonntag in einem Interview mit dem arabischen Fernsehsender Al Arabiya angekündigt, dass Wahlen in Syrien erst in etwa vier Jahren stattfinden können. Eine Verfassung zu erarbeiten könne drei Jahre dauern. Im Anschluss sollen die Geheimdienste und die HTS-Miliz aufgelöst werden.

Auf die Entscheidung gab es gemischte Reaktionen. Minderheiten wie Christen, oder Alawiten, denen der gestürzte Diktator Assad angehört, fürchten Repressionen durch die sunnitische Mehrheit und die islamistische Miliz Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS). Deren Anführer Al Scharaa, vorher bekannt unter seinem Kampfnamen Al-Dschulani, ist der neue De-facto-Machthaber. Seine Miliz hatte Ende November einen lange vorbereiteten Angriff auf das syrische Regime begonnen und innerhalb weniger Tage zunächst Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens, dann die strategisch wichtigen Städte Homs und Hama, und schließlich mit Unterstützung von anderen Rebellengruppen die Hauptstadt Damaskus eingenommen und damit die jahrzehntelange Assad-Diktatur zum Fall gebracht. Nach fast vierzehn Jahren Bürgerkrieg keimte erstmals Hoffnung auf eine Stabilisierung und Demokratisierung der Region auf. Mit der Ankündigung von Wahlen gibt es nun einen Zeitplan. Der Prozess der Demokratisierung ist aber keineswegs stabil und gesichert. Syrien-Experten haben Zweifel daran, dass al-Scharaa tatsächlich freie Wahlen im Land abhalten will. Er und seine HTS-Miliz, die aus der Al-Nusra Front, einer der Terrororganisation Al-Qaida zugehörigen Dschihadistenmiliz hervorgegangen war, hatten in der größtenteils von Aufständischen kontrollierten Region Idlib jahrelang autoritär regiert.

Syriens De-Facto Herrscher Ahmed al-Scharaa

Derweil kommt es weiterhin zu Kämpfen zwischen der Türkei und den weitgehend kurdischen Syrian Democratic Forces (SDF). Die Kurden beherrschen ein autonomes Gebiet im Osten des Landes. Al-Scharaa kündigte in dem Interview an, neben seiner HTS Miliz sollen alle anderen bewaffneten Gruppierungen Syriens im Rahmen eines „nationalen Dialogs“ aufgelöst werden, darunter auch die kurdische SDF. Er hoffe dass man die SDF in das künftige syrische Militär werde integrieren können, wozu auch Verhandlungen mit den USA geführt werden sollen.

In der Außenpolitik setzt die syrische Übergangsregierung derzeit neue Akzente, so sollen diplomatische Beziehungen und eine strategische Partnerschaft mit der Ukraine aufgenommen werden. Russland, das in der Ukraine einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, hatte das Assad-Regime seit 2015 vor allem mit Luftangriffen unterstützt. Damals hatte auch der Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilbevölkerung für internationales Aufsehen gesorgt. Dem gestürzten Diktator Baschar al-Assad und seiner Familie gewährt Russland zudem Asyl.

Trotzdem will Al-Scharaa auch Beziehungen zu Russland aufrechterhalten und ist gegen den kompletten Abzug Russlands aus dem Land. Nicht nur viele Kraftwerke stehen unter russischer Leitung, auch das zum Teil von den alten Machthabern geerbte Waffenarsenal ist grösstenteils russisch.

Von der US-Regierung unter Trump im kommenden Jahr erwartet Al-Scharaa, dass die Sanktionen aufgehoben werden, die während des Assad-Regimes verhängt worden waren.

(Langusto)

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Quellen

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