Polizeiboot soll haitianisches Flüchtlingsschiff gerammt haben
Artikelstatus: Fertig 19:23, 11. Mai 2007 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Cap-Haïtien (Haiti), 11.05.2007 – Nach dem Untergang eines haitianischen Flüchtlingsschiffes, bei dem mehr als 60 Menschen ums Leben gekommen sind, erheben die Überlebenden schwere Vorwürfe gegen die Besatzung eines Polizeibootes der zu Großbritannien gehörenden Turks- und Caicosinseln. Laut Nachrichtenagentur Associated Press (AP), die sich auf Aussagen der örtlichen Behörden bezieht, rammte das Polizeischiff das überfüllte Boot der Haitianer zwei Mal, bevor es gesunken ist. Nach offiziellen Angaben befanden sich etwa 160 Personen auf dem gebrechlichen Segelboot, das am Freitag letzter Woche vor der Küste einer der Turks- und Caicosinseln untergegangen ist. 78 Bootsflüchtlinge wurden gerettet.
Weil die Überlebenden des Schiffsunglücks in einem Internierungslager festgehalten worden sind, wo ihnen der Kontakt mit Journalisten untersagt war, wurden die Vorwürfe erst an diesem Dienstag bekannt. Inzwischen wurden die Personen nach Cap-Haitien, die zweitgrößte Stadt Haitis, gebracht. Jeanne Bernard Pierre, die Leiterin der nationalen Migrationsbehörde Haitis sprach auf den Turks- und Caicosinseln mit den Überlebenden. Gegenüber AP sagte sie anschließend: „Sie sind sehr wütend und aufgebracht nach dem was passiert ist, weil es sich um ein Problem handelt, das wir bisher nocht nicht aufklären konnten“. Möglicherweise werde die haitianische Regierung das Rammen des Bootes als kriminelle Handlung einstufen, fuhr Jeanne Bernard Pierre fort. Das britische Außenministerium lehnt es ab, den Vorfall zu kommentieren, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind. Das gleiche gilt für die Regierung der Turks- und Caicosinseln, die den Fall untersucht. Drei Experten der britischen Regierung führen von der Lokalregierung der Inselgruppe unabhänige Ermittlungen durch.
Der Vorsitzende der „Haitian-American Grassroots Coalition“, Jean-Robert Lafortune, plant ein Treffen mit den Bootsflüchtlingen und will gegebenenfalls fordern, dass die Vereinten Nationen den Vorfall untersuchen. „Wir sind sehr besorgt darüber, dass es möglicherweise eine vorsätzliche kriminelle Handlung bei der Rettung des haitianischen Flüchtlingsschiffes gegeben hat.“ Über den genauen Ablauf der Rettungsaktion verbreiteten die Behörden der Turks- und Caicosinseln widersprüchliche Aussagen. Zunächst hieß es, die Polizei sei erst am Ort des Unglücks angekommen, als das Boot bereits gesunken war. Am Dienstag sagte Richard Tauwhare, der Gouverneur der Inselgruppe, dass das Segelboot gesunken sei, während es von dem Polizeiboot bei stürmischer See geschleppt wurde. Rettungswesten sollen den Flüchtlingen dabei keine ausgehändigt worden sein. Der britische Ermittler Richard Mull wird von AP mit den Worten zitiert, die Polizisten hätten sich den Dienstanweisungen entsprechend verhalten. Michele Montas, ein Sprecher der Vereinten Nationen bezeichnete das Unglück am Donnerstag als eine „Tragödie“, die vermeidbar gewesen wäre.
Die Regierung der Turks- und Caicosinseln wirft Haiti vor, zu wenig gegen die illegale Einwanderung zu unternehmen. Monatlich erreichen etwa 400 Menschen aus Haiti die Inselgruppe. Oft werden sie von Schmugglern getäuscht, die ihnen versprechen, sie in die Vereinigten Staaten zu bringen.
Quellen
- AP via guardian.co.uk: „Migrants `revolted' by Alleged Ramming“ () (10.05.2007)
- AP iht.com: „Migrants `revolted' by Alleged Ramming“ () (10.05.2007)
- afp via taz.de: „54 Flüchtlinge aus Haiti ertrunken“ (09.05.2007)