Pflegereform: Höhere Leistungen für Demenzkranke und höhere Beiträge

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Veröffentlicht: 01:21, 29. Mär. 2012 (CEST)
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Berlin (Deutschland), 28.03.2012 – Das Bundeskabinett hat am 28. März 2012 beschlossen, den Gesetzentwurf zur Reform der Sozialen Pflegeversicherung in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Hintergrund

Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung war im Jahr 2009 vereinbart worden, die Pflegeversicherung weiter zu entwickeln. Insbesondere sollten die Leistungen bei Demenz verbessert werden. Außerdem war im Koalitionsvertrag vorgesehen, eine kapitalgedeckte Zusatzversicherung als eine private Pflichtversicherung für den Fall der Pflegebedürftigkeit einzuführen. Hiermit konnte sich die FDP nun nicht mehr gegenüber CDU und CSU durchsetzen. Ebenfalls nicht umgesetzt wurden Vorschläge, Kinderlose noch stärker als bisher schon zu den Lasten der Sozialversicherung heranzuziehen. Auch dieser Vorstoß ist nicht in das Reformgesetz eingeflossen. Wer keine Kinder hat, zahlt schon seit 2005 einen Zuschlag von 0,25 Prozentpunkten zum Regelbeitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung.

Die ab 1. Januar 2013 vorgesehene Neuregelung

Der jetzt von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zum Pflege-Neuausrichtungsgesetz zielt auf die bessere Versorgung von Menschen, die pflegebedürftig geworden sind, weil sie an Demenz leiden. Da der Pflegebedarf bei ihnen in der Regel nicht in das Schema der drei Pflegestufen I–III nach § 15 SGB XI eingeordnet werden kann, spricht man in diesen Fällen auch untechnisch von Betroffenen der „Pflegstufe Null“.

Derzeit erhalten Demenzkranke, die ambulant versorgt werden, ja nach der Schwere des Falles lediglich 100 oder 200 Euro für Betreuungsleistungen monatlich. Ab dem 1. Januar 2013 sollen sie nunmehr Leistungen aufgrund einer Übergangsregelung für „Versicherte ohne Pflegestufe“ bekommen.

Neben den Pflegesachleistungen und den sogenannten Kombinationsleistungen von einer Geldzahlung und einer Pflegesachleistung erhielte ein Demenzkranker somit grundsätzlich ein Pflegegeld in Höhe von 120 Euro monatlich, mit dem der Betroffene seine Pflege selbst organisieren kann. Wird bei ihm eine Pflegestufe I oder II festgestellt, werden zusätzlich Aufschläge zum Pflegegeld in Höhe von 70 Euro auf 305 Euro bzw. von 85 Euro auf 525 Euro und zu den Pflegesachleistungen in Höhe von 215 Euro auf bis zu 665 Euro bzw. von 150 Euro auf bis zu 1.250 Euro monatlich gezahlt.

Die höheren Leistungen sollen durch höhere Beiträge finanziert werden. Der Beitrag zur Pflegeversicherung von derzeit 1,95 Prozent der beitragspflichtigen Bruttoeinnahmen wird dem Entwurf zufolge um 0,1 Prozentpunkte auf 2,05 Prozent ansteigen, bei Kinderlosen sind es 2,35 Prozent. Diese Anhebung ist nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend, um die durch die Neuregelung bedingten Lasten bis zum Jahr 2015 zu decken.

Auch die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Betroffenen sollen verbessert werden.

Schließlich soll die Vergütung von niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten, die Patienten in Pflegeheimen versorgen, verbessert werden. Hierfür sind nach dem Entwurf des Ministeriums 77 Millionen Euro eingeplant.

Kritik

Der Gesetzgebungsentwurf sieht sich vielfacher Kritik ausgesetzt. So hat der Sozialverband VdK kritisiert, die 1,1 Milliarden Euro, die durch die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge neu eingenommen würden, reichten nicht aus, um den tatsächlichen Finanzbedarf zu decken. Angesichts der großen Zahl an Betroffenen kosteten die neuen Regelungen mindestens 3 Milliarden Euro pro Jahr für die häusliche Pflege von Demenzkranken. Währenddessen bemängelte die Deutsche Hospizstiftung, dass die Kriterien für die Zuordnung der Betroffenen zu den Pflegestufen nicht an den Bedarf von Demenzpatienten angepasst worden seien. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung monierte in diesem Zusammenhang, der Reform fehle es an einem Gesamtkonzept. Dem schloss sich der DGB an. Bündnis 90/Die Grünen meinten aus demselben Grund, die Reform sei „krachend gescheitert“. Die SPD forderte eine noch weitergehende Verbesserung der Leistungsseite nach dem Vorbild des Elterngelds. Dafür wäre sie auch bereit, den Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte anzuheben.

Nur die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns lobte die Förderung von Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Pflegeheimen, die in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist.

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Quellen[Bearbeiten]