Mitglied der Roten Zora legt Geständnis ab
Artikelstatus: Fertig 23:38, 12. Apr. 2007 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Berlin (Deutschland), 12.04.2007 – Die heute 58-jährige Adrienne G., die sich im vergangenen Jahr der Polizei stellte, muss sich vor einem Berliner Kammergericht verantworten. Sie wird der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und des zweifachen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion beschuldigt, da sie als Mitglied der Terrororganisation „Rote Zora“ Mini-Wecker gekauft haben soll, die als Zeitzünder für Terroranschläge am 17. Oktober 1986 im Gentechnischen Institut Berlin-Dahlem und am 21. Juni 1987 in einem Verwaltungsgebäude von „Adler“ (einem Bekleidungskonzern in Aschaffenburg) eingesetzt wurden. Die Bomben explodierten damals durch technische Fehler nicht. Die Angeklagte legte durch ihre Verteidigerin ein umfassendes Geständnis ab. Sie selbst äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Im von der Verteidigerin vorgelesenen Geständnis gibt Adrienne G. zu, „wissentlich und willentlich“ ihrer damaligen politischen Überzeugung entsprechend die Taten begangen zu haben. Die „Rote Zora“ habe von Anfang an die Gentechnik abgelehnt und bekämpft. Der Anschlag auf „Adler“ sei aus „Solidarität mit streikenden Arbeiterinnen in Südkorea“ erfolgt.
Hintergründe
Die „Rote Zora“ war eine linksradikale Frauengruppe und autonome Teilorganisation der deutschen „Revolutionären Zellen“. Sie wurde 1977 gegründet und verübte vor allem Anschläge auf Konzerne, die Frauen unterdrückt haben sollen, und Sexshops. Die Opfer der Attentate sollten dabei verletzt, aber nicht getötet werden. In einzelnen Kleingruppen verübten die Mitglieder unerkannt ihre Anschläge, während sie ansonsten einem normalen Leben nachgingen. Dies wurde als „Feierabend-Terrorismus“ bezeichnet.
Die Verhaftung von Hans-Joachim Klein 1999 gilt als wichtiger Schlag gegen die „Revolutionären Zellen“, da die Ermittler erstmals danach Kenntnis über die internen Strukturen erhielten. Bislang wurden sieben Mitglieder verurteilt. Zwei der Verfahren endeten mit Bewährungsstrafen, darunter auch der Prozess gegen Tarek Mousli, der als Hauptbelastungszeuge in den fünf Verhandlungen auftrat, die mit Haftstrafen endeten.
In den 1980-er Jahren des 20. Jahrhunderts führte die „Rote Zora“ etwa 40 Anschläge mit Mini-Weckern durch. Die Polizei ließ die Wecker des verwendeten Typs überwachen, indem die Wecker mit Seriennummern markiert und die verkaufenden Geschäfte heimlich gefilmt wurden. Durch einen verwendeten Wecker konnte Adrienne G. so als die Käuferin identifiziert werden. Am 5. Oktober 1986 hatte sie den Wecker mit der Nummer 5199 erstanden, der in einer Bombe verwendet wurde. Eine Fahndung des Bundeskriminalamtes wurde vermutlich von Adrienne G. bemerkt, die daraufhin mit ihrem Lebensgefährten Thomas K. 19 Jahre lang unter anderem im Ausland untertauchte. Thomas K. gilt als ein Rädelsführer der ehemaligen Terrororganisation. Erst im Dezember 2006 stellten sich die beiden. Adrienne G. schlug einen Deal vor, der eine Verurteilung mit einer Bewährungsstrafe vorsieht und lediglich die beiden missglückten Anschläge in Berlin-Dahlen und Aschaffenburg zur Anklage kommen.
Oberstaatsanwalt Andreas Hornick ließ sich auf diesen Deal ein. Er begründete dies damit, dass die Taten bereits 20 Jahre zurücklägen und es ohne die Mithilfe von Adrienne G. und Thomas K. nicht gelungen wäre, die beiden festzunehmen. Außerdem sei kein Sachschaden entstanden und es wurde niemand verletzt. Ob sich das Gericht auch auf dieses Geschäft einlässt, wird sich vermutlich am kommenden Montag zeigen, für den die Urteilsverkündung geplant ist. Das Verfahren ist auf drei Verhandlungstage angesetzt. Zuletzt war 1998 ein erweiterter Haftbefehl gegen Adrienne G. ergangen. Dieser wurde, nachdem sich Adrienne G. gestellt hatte, gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der Prozess soll am Donnerstag, dem 12. April und am 16. April fortgesetzt werden, für den auch die Urteilsverkündung geplant ist.
Thomas K. soll ebenfalls vor Gericht gestellt werden. Es wird vermutet, dass auch hier eine Absprache erfolgt ist, dies konnte jedoch nicht bestätigt werden.
Adrienne G. wurde unter anderem von 1982 bis 1984 zur Funkelektronikerin umgeschult. Heute arbeitet sie als Fotografin in Berlin, wo sie bislang unter falscher Identität lebte.
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Quellen
- welt.de: „Angeklagte bekennt sich zu den Anschlägen“ (11.04.2007)
- ftd.de (Financial Times Deutschland): „‚Rote Zora‘-Mitglied gesteht vor Gericht“ (11.04.2007)
- zeit.de: „Terrorismus:Rote Zora zeigt Reue“ (Artikel mit Genehmigung von Tagesspiegel online) (11.04.2007)