Massiver iranischer Luftangriff auf Israel

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Veröffentlicht: 19:02, 14. Apr. 2024 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.

Haifa (Israel) / Teheran (Iran) / Washington D.C. (Vereinigte Staaten), 14.04.2024 – In der Nacht zum Sonntag, dem 14. April, haben die iranischen Revolutionsgarden mehr als zweihundert Drohnen und über 120 ballistische Raketen sowie über 30 Marschflugkörper auf Israel abgeschossen. Gleichzeitig griff die Hisbollah die Golanhöhen mit Dutzenden von Katjuscha-Raketen an. Die Huthi-Rebellen im Jemen starteten ebenfalls Drohnen mit Zielrichtung israelische Häfen. Der von Iran als Vergeltung angekündigte Großangriff richtete offenbar keine großen Schäden an. Der Luftalarm in Israel wurde inzwischen aufgehoben. Israel hat eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Am Samstag hatten Deutschland und Österreich ihre Bürger aufgerufen, den Iran zu verlassen. Außerdem wurden durch mehrere Länder Reisewarnungen ausgesprochen, darunter durch das Vereinigte Königreich und Frankreich. Die Niederlande haben ihre Botschaft geschlossen. Die Lufthansa hatte ihre Flüge in den Iran bereits im Laufe der Woche ausgesetzt, und auch die australische Fluggesellschaft Qantas umfliegt den iranischen Luftraum weitläufig. Die deutsche Bundesregierung evakuierte die Angehörigen der Botschaftsmitarbeiter.


Israel und Iran
Israel und Iran


Weiter verschlechtert hatte sich die Sicherheitslage am Samstag, nachdem nach Angaben der iranischen staatlichen Nachrichtenagentur IRNA eine Kommandoeinheit der Revolutionsgarden im Golf von Oman ein Containerschiff geentert und unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Es handelte es sich dabei um die unter portugiesischer Flagge fahrende MSC Aries, die im Eigentum des in London registrierten Unternehmens Zodiac Maritime steht und damit zur Unternehmensgruppe eines israelischen Milliardärs gehört.

Israels Außenminister Israel Katz warf dem Iran daraufhin Piraterie vor. „Die Islamische Republik sollte dafür bestraft werden“, sagte er. „Das Ajatollah-Regime von Chamenei ist ein kriminelles Regime.“ Auch die Vereinigten Staaten verurteilten den Angriff auf das Schiff. Die Pressesprecherin des Nationalen Sicherheitsrates schrieb auf X: „Wir verurteilen aufs Schärfste die Beschlagnahmung der unter portugiesischer Flagge fahrenden und in britischem Besitz befindlichen MSC ARIES in internationalen Gewässern durch den Iran. Die Besatzung besteht aus indischen, philippinischen, pakistanischen, russischen und estnischen Staatsangehörigen. Wir fordern den Iran auf, das Schiff und seine internationale Besatzung unverzüglich freizulassen.“

Am Samstag griff auch die israelische Luftwaffe Ziele im Südlichen Libanon an, darunter eine Basis der vom Iran unterstützten Hisbollah bei Rihan und später Ziele bei Hula und Beit Lif. Die Hisbollah ließ verlautbaren, man habe militärische Einrichtungen unweit des Kibbuz Hanita sowie eine militärische Einheit angegriffen. Bei diesen Angriffen sei es zu israelischen Verlusten gekommen, sagte die Hisbollah. Nach israelischen Angaben wurde bei dem Angriff mit einer Drohne ein israelischer Reservist schwer verletzt. Bereits am Freitag hatte die Hisbollah den Norden Israels mit etwa 40 Raketen angegriffen. Dabei war es nach israelischen Angaben nicht zu Opfern gekommen.

Am Samstagnachmittag hatte der amerikanische Präsident Joe Biden seinen Wochenendaufenthalt in Rehoboth Beach im US-Bundesstaat Delaware vorzeitig abgebrochen, „um sich mit seinem nationalen Sicherheitsteam über die Ereignisse im Nahen Osten zu beraten“, teilte das Weiße Haus mit. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sicherte in einem Telefongespräch seinem israelischen Amtskollegen Joaw Galant die „unerschütterliche Unterstützung der USA“ zu. Das sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Patrick Ryder. Israels Außenminister Katz sagte unterdessen wegen des bevorstehenden iranischen Angriffs seine Reise nach Österreich und Ungarn ab. Er wollte am Sonntag mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer und dem ungarischen Staatspräsidenten Tamas Sulyok zusammentreffen.

Zuerst hatten israelische Medien um 22:05 Uhr MESZ am Samstag unter Berufung auf amerikanische Quellen gemeldet, dass der Iran Dutzende von Drohnen in Richtung Israel gestartet habe, von denen jede 20 Kilogramm Sprengstoff trage. Diese Meldungen wurden nach wenigen Minuten durch den Armeesprecher Daniel Hagari bestätigt. Die Drohnen wurden über der irakischen Provinz Sulaymaniya gesichtet, meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Sicherheitskreise, worauf der Irak wie zuvor schon Jordanien seinen Luftraum für den gesamten Luftverkehr schloss.

Der Start der Drohnen wurde noch vor Mitternacht Ortszeit vom staatlichen iranischen Fernsehen in Untertiteln gemeldet. In einer live verlesenen Erklärung wurde dann bestätigt, dass nicht nur Drohnen, sondern auch Raketen gestartet wurden. In der verlesenen Stellungnahme hieß es, dass der Angriff die „Antwort auf die jüngsten Verbrechen des zionistischen Regimes“ sei. Gemeint war damit der mutmaßlich israelische Luftangriff auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Bei dem Luftangriff wurden neben neun weiteren Personen zwei iranische Brigadegeneräle und fünf andere Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet.

Die syrische Regierung versetzte ihre Luftabwehr in höchste Alarmbereitschaft. Man erwarte israelische Vergeltungsmaßnahmen gegen pro-iranische Milizen, die auf syrischen Armeestützpunkten stationiert seien. Das wurde aus syrischen Armeekreisen bekannt.


Lagebesprechung im Operationszentrum der israelischen Luftwaffe in Kirya


Am frühen Morgen dann berichtete ein Reporter von Reuters über Sirenengeheul und Detonationslärm in Jerusalem, weil Drohnen abgeschossen wurden. Die Nachrichtenagentur DPA meldete, dass an verschiedenen Orten des Landes Raketenalarm ausgelöst wurde. Die israelische Armee gab an, dass der Luftalarm vor allem im Süden des Landes, die Bereiche am Toten Meer und in Jerusalem, sowie im Norden des Landes ausgelöst wurde. Nach einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Channel 12 wurden einige Drohnen unweit der irakisch-syrischen Grenze durch britische und US-amerikanische Kampfflugzeuge abgeschossen. Ein US-Militärvertreter bestätigte dies, ohne konkrete Angaben zu Ort und Zahl der Abschüsse zu machen. Dutzende iranische Drohnen wurden durch jordanische Kampfflugzeuge abgeschossen, teilten zwei regionale Sicherheitsquellen mit.

Einem Bericht des ARD-Korrespondenten Christian Limpert zufolge waren die syrischen, von Israel annektierten Golanhöhen Hauptziel des Angriffs. Dort wurde in der Nacht ein israelischer Militärstützpunkt von der Hisbollah nach deren Angaben mit „dutzenden Raketen vom Typ Katjuscha“ angegriffen.

Der Angriff Irans wurde von westlichen Staaten scharf kritisiert. Der französische Außenminister Stéphane Séjourné sagte auf X: „Mit der Entscheidung zu dieser beispiellosen Handlung hat der Iran eine neue Stufe der Destabilisierung überschritten.“ Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte den Angriff eine „beispiellose Eskalation und eine schwerwiegende Bedrohung für die regionale Sicherheit“. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock teile auf X mit: „Iran hat Drohnen & Raketen auf Israel abgeschossen. Wir verurteilen den laufenden Angriff, der eine ganze Region ins Chaos stürzen kann, aufs Allerschärfste. Iran und seine Proxies müssen diesen sofort einstellen. Israel gilt in diesen Stunden unsere ganze Solidarität.“ Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ließ nach seiner Ankunft in Peking durch Pressesprecher Steffen Hebestreit mitteilen: „Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand… In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels. Über weitere Reaktionen werden wir uns nun eng mit unseren G7-Partnern und Verbündeten besprechen.“ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb am Sonntagmorgen auf X, dass sie den „unverhohlenen und ungerechtfertigten Angriff auf Israel auf Schärfste“ verurteile. „Und ich fordere den Iran und seine Stellvertreter auf, diese Angriffe unverzüglich einzustellen.“

Die ständige Mission Irans bei den Vereinten Nationen gab auf X bekannt, man sehe den Angriff als angemessene Reaktion auf den Angriff auf seine Botschaft in Syrien und betrachte die Angelegenheit als abgeschlossen. Sollte Israel allerdings in einem Gegenschlag Iran erneut angreifen, werde die iranische Antwort deutlich schwerer ausfallen. Es handele sich um einen Konflikt zwischen Iran und Israel, aus dem die Vereinigten Staaten sich herauszuhalten hätten.

UN-Generalsekretär António Guterres sagte in New York City, er sei „zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region“ und verurteile den iranischen Angriff „aufs Schärfste“.

Noch in der Nacht sagte der Pressesprecher der israelischen Streitkräfte, Daniel Hagari, dass neben Drohnen auch Dutzende von Boden-Boden-Raketen eingesetzt wurden. „Die große Mehrheit der Raketen wurde von unserer Raketenabwehr noch außerhalb der Grenzen Israels abgefangen.“ Demnach hätten nur wenige Raketen israelisches Gebiet erreicht. Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom teilte mit, dass bei Arad in der Negevwüste ein siebenjähriges Beduinenmädchen schwer verletzt worden sei. Weitere Opfer sind nicht bekannt.


     Kommentar abgeben


Quellen[Bearbeiten]