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Iran: Vollstreckung eines Schariaurteils „Auge um Auge“

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Veröffentlicht: 12:52, 14. Mai 2011 (CEST)
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Behandlungstisch

Teheran (Iran), 14.05.2011 – Am Samstag soll ein Mann in einem Krankenhaus mit Säure geblendet werden, damit er sein Augenlicht verliert. Damit wird ein vor drei Jahren ergangenes Urteil vollstreckt. Ein iranisches Gericht hatte auf Grundlage der Scharia das Rechtsprinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ angewendet. Der Verurteilte Madschid Mowahedi hatte 2004 die heute 32-jährige Iranerin Ameneh Bahrami mit Schwefelsäure überschüttet und sie dadurch schwer entstellt. Sie verlor bei dem Anschlag das Sehvermögen, das auch nach mehreren Operationen nicht mehr hergestellt werden konnte.

Nach dem Urteil hatte das Gericht Frau Bahrami mehrmals aufgefordert eine Umwandlung der Strafe in lebenslange Haft zu akzeptieren; dies lehnte sie bis heute ab. Das Rechtsprinzip wird in der Scharia als Qisas bezeichnet. Der Täter wird am Freitag in einem Krankenhaus betäubt und Frau Bahrami, die heute in Spanien lebt und sich für die Vollstreckung des Urteils nach Teheran begibt, wird ihm mit einer Pipette Säure in die Augen träufeln. Sollte sie dies wegen ihrer eigenen Erblindung nicht zustande bringen, wird ihr ein Arzt oder ein Familienmitglied dabei helfen.

Dem Opfer wird als Motiv Rache unterstellt. Sie selbst äußerte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, ihr gehe es um Abschreckung. Sie sagte: „Ein potenzieller Täter müsse wirklich lebensmüde sein, so etwas zu tun“. Sie glaubt daran, dass es nach der Urteilsvollstreckung keine Säureattentate oder nur noch sehr wenige geben wird. Tatsächlich ist die Zahl solcher Attentate schon nach dem Urteilsspruch 2008 erheblich zurückgegangen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verbreitete in London eine Stellungnahme, in der sie den Iran auffordert, die Vollstreckung des Urteils zu unterbinden.


Hinweis: Nach Veröffentlichung dieses Artikels wurde bekannt, dass der Iran die Vollstreckung des Urteils vorerst gestoppt hat.


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Quellen