Horst Köhler lässt den Bundestag auflösen

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Plenarsaal des Bundestages

Berlin (Deutschland), 21.07.2005 – Nach der gescheiterten Vertrauensfrage am 1. Juli 2005 von Bundeskanzler Schröder hat nun Bundespräsident Horst Köhler nach Artikel 68 des Grundgesetzes den 15. deutschen Bundestag aufgelöst.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat die Auflösung angenommen. Somit müssen innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Den Termin hat Köhler für den 18. September 2005 festgesetzt.

Der Bundespräsident begründete seine Entscheidung mit der vom Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dargestellten fehlenden Handlungsfähigkeit der Bundesregierung. Zu dieser Einschätzung des Kanzlers sehe er, Köhler, keine Alternative.

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage Deutschlands, der schwierigen Situation der öffentlichen Haushalte und der persönlichen Situation vieler durch Arbeitslosigkeit betroffener Familien, der demographischen Entwicklung Deutschlands mit zu geringer Kinderzahl und wachsender Überalterung der Bevölkerung sei eine handlungsfähige Regierung notwendig, die sich auf „eine verlässliche, handlungsfähige Mehrheit im Bundestag“ stützen könne.

Horst Köhler

Nach eingehender Prüfung der verfassungsrechtlichen Aspekte und vieler Gespräche, die er mit Politikern und Rechtsexperten geführt habe, sei er zu dem Schluss gekommen, dass er zu keiner anderen Lagebeurteilung als der Bundeskanzler kommen könne. „Ich bin davon überzeugt, dass damit die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Auflösung des Bundestages gegeben sind.“

Die Bürgerinnnen und Bürger forderte er anschließend auf, von ihrem Wahlrecht sorgsamen Gebrauch zu machen.


Reaktionen

Der Bundeskanzler nahm am Abend zu der Entscheidung des Bundespräsidenten Stellung. Er bezeichnete diese als eine „souveräne Entscheidung“. Er wies außerdem darauf hin, dass die große Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls Neuwahlen wünsche. Für die kommende Bundestagswahl am 18. September kündigte er seine Kandidatur an.

Zwei Abgeordnete der Regierungskoalition, Werner Schulz (Grüne) und Jelena Hoffmann (SPD) wollen gegen die Entscheidung des Bundespräsidenten Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Sie halten das Verfahren, das zur Auflösung des Bundestages führte, für verfassungswidrig. Die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers vom 1. Juli sei unecht, erklärten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Auch einige kleinere Parteien haben angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, da auch unter anderem nicht genug Zeit bliebe, um die nötigen Unterschriften für die Zulassungen zu den Wahlen zu sammeln.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) begrüßte in einer Stellungnahme die Entscheidung des Bundespräsidenten. Nach einer Wahl könne die Politik die Bedingungen dafür schaffen, „dass mehr Wertschöpfung und Wachstum in unserem Land entstehen“, erklärte der BDI-Präsident Jürgen R. Thumann.

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Quellen