Heftige Kritik an CSU-Chef Edmund Stoiber nach Wahlkampfauftritt

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Edmund Stoiber, 2005

Berlin (Deutschland), 11.08.2005 – Die bei Wahlkampfauftritten in der letzten Woche gefallenen Äußerungen Edmund Stoibers (CSU) über die Wähler im Osten Deutschlands sind von Vertretern aller Parteien scharf zurückgewiesen worden.

Stoiber hatte gesagt, er „akzeptiere nicht, dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird“ und es dürfe nicht sein, „dass letztlich wieder die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen.“ Am Mittwoch bezog sich Stoiber auf „Defizite“ in Sachsen und Sachsen-Anhalt und verglich die Situation dort mit der in Bayern mit den Worten: „Wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern.“

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warf Stoiber vor, er habe damit dem Einheitsprozess massiv geschadet. Bodo Ramelow, Wahlkampfleiter der Linkspartei, kommentierte die Äußerungen Stoibers mit den Worten: „Ich kann mich nur freuen über so viele Wahlhelfer.“ Die schärfste Kritik kam vom möglichen künftigen Koalitionspartner. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper äußerte sich gegenüber der Financial Times Deutschland: „Stoiber hat sich mit seinen Äußerungen als Bundesminister in einem Kabinett Merkel disqualifiziert.“

Von der Kanzlerkandidatin Angela Merkel gab es dazu noch keinen Kommentar, auch die meisten CDU-Ministerpräsidenten aus westdeutschen Bundesländern wollten sich nicht äußern. Kritik aus den Reihen der CDU kam vor allem von ostdeutschen CDU-Politikern. Es gibt Berichte darüber, dass innerhalb der CDU-Spitze Verwunderung über Stoibers Alleingänge herrsche. Nicht zum ersten Mal habe er sich über Vorgaben der Parteivorsitzenden hinweggesetzt. Dies betreffe Zielvorgaben für den Abbau der Arbeitslosigkeit als auch die Bekanntgabe von Personalien über das Wahlkampfteam. Aussagen dazu hatte sich die CDU-Vorsitzende vorbehalten. Mike Mohring, der thüringische CDU-Generalsekretär appellierte in diesem Zusammenhang an Stoiber: „Man sollte Frau Merkel auch die Chance lassen, dass sie als Kanzlerkandidatin allein formulieren darf, welche Personen und welche programmatischen Aussagen sie nennen will.“

Der frühere Wahlkampfmanager Stoibers, Michael Spreng, nannte Stoibers Äußerungen einen schweren taktischen Fehler.

Manfred Güllner vom Meinungsforschungsinstitut Forsa sagte, die verbalen Ausrutscher Stoibers würden zu Stimmenverlusten im Osten Deutschlands führen. In den letzten Wochen hätten die Unionsparteien ohnehin schon mehrere Prozentpunkte gegenüber vorangegangenen Umfragen verloren. Besonders dramatisch seien schon jetzt die Verluste der CDU in Ostdeutschland, wo nach Aussagen Güllners für die CDU drei Prozentpunkte verloren gegangen seien.

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Quellen

  • Reuters: „„Stoiber zieht massive Kritik aus allen Lagern auf sich““ (11.08.2005) Quelle nicht mehr online verfügbar