Grenzstreitigkeiten zwischen Indonesien und Timor-Leste drohen zu eskalieren

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Veröffentlicht: 20:05, 28. Jul. 2010 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.
Timor-Lestes Exklave Oecusse im Westen der Insel
Naktuka liegt im äußersten Westen

Naktuka (Timor-Leste), 28.07.2010 – Die Region scheint am Ende der Welt zu liegen. Will man nach Naktuka, muss man zunächst mit der von Deutschland finanzierten Fähre MS Berlin Nakroma, von Timor-Lestes Landeshauptstadt Dili in zwölf Stunden nach Pante Macassar fahren, dem Hauptort der Exklave Oecusse im Westen der Insel Timor. Von hier aus geht es über mal besser, mal schlechter ausgebauten Strassen weiter Richtung Westen nach Citrana, dem lokalen Zentrum und jenseits des Rio Besi befindet sich das kleine Dorf Naktuka. Eigentlich ein Ort, den die Welt vergessen hat, doch die Grenze zum Nachbarn Indonesien ist nicht weit.

Ende 1975 besetzte der große Nachbar die Exklave, während des Chaos der Entkolonisierung von Portugal, bevor er nach der Unabhängigkeitserklärung von Timor-Leste kurz darauf auch das restliche Land besetzte. 24 Jahre Guerillakrieg mit fast 200.000 Toten waren die Folge, bevor die Vereinten Nationen die Kontrolle übernahmen und 2002 das Land in die Freiheit entließen. Seitdem verbesserten sich die Beziehungen zwischen den Nachbarn, doch seit der Unabhängigkeit gibt es immer noch an mehreren Stellen Uneinigkeit über die exakte Grenzziehung. Zwar hatte man sich dabei an der Einigung zwischen den damaligen Kolonialmächten Portugal und Niederlanden orientiert, doch gerade bei Oecusse gibt es Probleme. Und gerade um einen kleinen Landstreifen von 1069 Quadratmetern bei Naktuka eskaliert in letztere Zeit der Streit.

Im September 2009 fuhr eine Gruppe von indonesischen Soldaten in das osttimoresische Dorf Naktuka und begann Fotos von neu errichteten Gebäuden zu machen. Sie wurden von den Einwohnern kurzerhand rausgeworfen und über die Grenze zurück geschickt. Am 26. Mai 2010 drangen 28 bewaffnete Soldaten des 742. indonesischen Battalions in Timor-Leste ein und setzten in Naktuka ihre Flagge, einen Kilometer von der Grenze entfernt. Drei Tage später brannten sie zwei Häuser sozialer Einrichtungen nieder, die nach ihrer Ansicht nicht dort stehen hätten dürfen. Sie befanden sich auf dem umstrittenen Territorium. Am 24. Juni drang erneut eine bewaffnete Einheit der indonesischen Armee einen Kilometer in das Gebiet von Naktuka ein, zog sich aber zurück, als sie auf eine Einheit der osttimoresischen Grenzpolizei traf. Timor-Lestes Außenminister Zacarias da Costa bestätigte die Vorfälle und auch ein Ultimatum, dass die Soldaten der lokalen Bevölkerung gesetzt hatten, das Gebiet zu verlassen. Indonesiens Botschafter in Dili betonte, dass der Vorfall aufgrund von „technischen Schwierigkeiten“ entstanden sei und dass der Konflikt friedlich gelöst werden sollte. Allerdings forderte die Legislative der indonesischen Provinz Nusa Tenggara Timur bereits die Armee auf, die hunderten Osttimoresen auszuweisen, die „einseitig“ Siedlungen im umstrittenen Gebiet errichtet hätten, das angeblich reich an mineralischen Ressourcen sein soll. Das Mitglied des Provinzrats Jonathan Kanan warnte, man solle es nicht wieder zu einen Fall, wie bei Sipadan und Ligitan kommen lassen, bei dem der Internationale Gerichtshof zugunsten Malaysias die Besitzrechte festlegte. Indonesien sieht das Dorf Naktuka als Teil seines Subdistrikts Ost-Amfoang, doch Einwohner betonen, sie seien schon immer Teil Oecusses gewesen. Erst als Teil Portugiesisch-Timors, dann von Timor-Leste. Auch während der indonesischen Besetzung blieb Timor-Leste als Timor Timur eine eigenständige Provinz im indonesischen Staatsverband. Eine friedliche Lösung will auch die Regierung von Timor-Leste, aber die Einwohner von Naktuka fühlen sich bedroht und verlangen inzwischen die Entsendung von Grenzpolizei und Armee zu ihren Schutz.

Indonesiens Außenminister Marty Natalegawa zeigte sich Ende des Monats bei seinem Besuch in Dili überrascht. Er hatte zuvor nichts von den Vorfällen gehört, versprach aber eine Klärung und eine friedliche Lösung.

Quellen