Gatillo fácil, die lockere Hand am Abzug der argentinischen Polizei – Auslöser für gewalttätige Proteste

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Veröffentlicht: 15:37, 12. Dez. 2021 (CET)
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Buenos Aires (Argentinien), 12.12.2021 – Am Nachmittag des 10. Dezember stehen sich vor der örtlichen Polizeiwache im Küstenort Miramar bei Buenos Aires Demonstranten und die Polizei mit Antiterrorausrüstung gegenüber, wie in einer Livereportage von „La Nación“ zu sehen ist. Die Gruppe Polizisten versucht, die Polizeiwache vor Stürmung durch die Demonstranten zu schützen. Für Stunden regnen immer wieder Salven aus Steinen und vereinzelten Molotowcocktails auf die Beamten nieder, die mit Tränengas und Gummigeschossen reagieren.

Auslöser dafür: In dem Ort war in den frühen Morgenstunden ein Jugendlicher von einem Schuss aus einer Polizeipistole getötet worden, hatte die Zeitung Página 12 berichtet. Unmittelbar nach der Tat versuchten die Beamten vor Ort, die Schussverletzungen des Jungen vor der herbeigeholten Mutter zu verheimlichen. Der Jugendliche galt im Ort als unbescholten.

Ein ähnlicher Fall beschäftigte schon in den letzten Wochen die argentinischen Medien. Am 18. November war es in der Stadt Buenos Aires bei einer Routinefahrzeugkontrolle zu tödlichen Schüssen gekommen. Die Polizisten trugen aus ungeklärten Gründen Zivil, so hatten die jugendliche Wageninsassen die Situation für einen Überfall gehalten und versucht zu fliehen. Die Aussagen der Polizisten über den Vorfall waren danach äußerst widersprüchlich und vom Versuch der Vertuschung geprägt. Aber erst auf Grund massiver Proteste kam es zwei Tage später zu einer Anklage gegen sie. Das berichtete damals die Tageszeitung La Nación.

Obwohl nach Angaben der Agentur CELS die Statistik polizeilicher Gewalt gegen Zivilisten rückläufig ist, alarmieren die Vorgänge: Die argentinische Zivilgesellschaft steht immer noch im Schatten der Militärdiktatur und reagiert sensibel auf Polizeimorde, die als Gatillo fácil (frei übersetzt: Die lockere Hand am Abzug) bezeichnet werden. Die Polizei gilt als schlecht ausgebildet, ausgerüstet und bezahlt. Außerdem werden ihr in Teilen rassistische Tendenzen und Korruption bei der Ausübung ihrer Arbeit vorgeworfen.

In der durch Wirtschaftskrise und Pandemie aufgeheizten sozialen Stimmung sind solche, wenn auch isolierten, gewalttätigen Proteste aber auch immer ein Funken am großen Fass bürgerlicher Wut und Verzweiflung gegenüber korrupten staatlichen Autoritäten an sich.


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Quellen[Bearbeiten]