Deutscher Bundestag: Untersuchungsausschuss zur Kunduz-Affäre nimmt Arbeit auf

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Veröffentlicht: 20:39, 16. Dez. 2009 (CET)
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Berlin (Deutschland), 16.12.2009 – Am Mittwoch konstituierte sich der Bundestagsuntersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorgänge im Zusammenhang mit dem Luftangriff auf zwei Tanklastwagen Anfang September bei Kunduz (Afghanistan). Vor allem soll der Ausschuss klären, wer in der Bundesregierung was wann gewusst hat. Zu diesem Zweck hat sich der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages in einen Bundestagsuntersuchungsausschuss umgewandelt. Die eigentliche Arbeit des Ausschusses soll im Januar des kommenden Jahres beginnen. Dann will die Opposition etwa 40 Zeugen vernehmen, darunter den Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sowie die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Opposition wirft der Bundesregierung und speziell dem Bundesverteidigungsminister schwere Versäumnisse in der Informationspolitik vor. Es geht dabei insbesondere um die Frage, wie viel der Bundesverteidigungsminister zum Zeitpunkt seiner ersten offiziellen Einschätzung des von deutscher Seite befohlenen Angriffs über zivile Opfer des Angriffs gewusst hat, bei dem bis zu 142 Menschen, darunter eine nicht genau bekannte Zahl von Taliban, getötet oder verletzt worden sein sollen. Zu Guttenberg selbst behauptet, ihm seien wichtige Dokumente von Seiten der Bundeswehrführung vorenthalten worden, woraufhin er eine Einschätzung des Angriffs abgegeben habe, wonach der Angriff militärisch gerechtfertigt gewesen war. Diese Beurteilung hat der Minister inzwischen widerrufen und erklärt, der Angriff sei militärisch nicht gerechtfertigt gewesen.

Ein weiteres Thema, über das die Opposition Aufklärung fordert, ist die Entlassung von Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert. Schneiderhan hatte selbst die Verantwortung dafür übernommen, dass dem Minister nicht alle Informationen vorlagen, als er seine erste rechtfertigende Erklärung zum Kunduz-Angriff abgegeben hatte. Schneiderhan wies in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ jedoch die Formulierung des Ministers zurück, er habe ihm wichtige Akten vorenthalten und Berichte „unterschlagen“, womit die Unterstellung verbunden sei, er habe absichtsvoll gehandelt. „Dass er vorschnell formuliert, ist bekannt. Aber das hier ist schon eine Steigerungsstufe“, wird Schneiderhan bezüglich der Ministeräußerungen zitiert. Die Unterstellung eines Vorsatzes sei jedoch nicht nur „unschön“, sondern auch „unwahr“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann, warf dem Bundesverteidigungsminister daraufhin vor, dieser versuche Schneiderhan „in einem schlechten Licht darzustellen, um selbst besser dazustehen“. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier warf zu Guttenberg vor, er habe aus lediglich taktischen Gründen seine Position in der Frage der Beurteilung des Luftangriffes bei Kunduz geändert: „Sie sind am 6. November, um der Truppe zu gefallen, über die kritischen Stimmen in diesem Bericht hinweggegangen, und als der Wind ihnen dann im Gesicht stand, haben Sie forsch das Gegenteil vertreten.“

Verteidigungsminister zu Guttenberg warf der Opposition heute im Deutschen Bundestag vor, ihr fehle das nötige „Anstandsempfinden“ und bezeichnete die Angriffe von Seiten der Opposition als „wüstes Geschrei“.

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Quellen