Das patagonische Silber und der Zorn des Volkes

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Veröffentlicht: 22:14, 20. Dez. 2021 (CET)
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Rawson (Argentinien), 20.12.2021 – Das Parlament der Provinz Chubut in Norden Patagoniens verabschiedete im Handstreich ein Gesetz, das die Ausbeutung des weltweit größten, nicht erschlossenen Silbervorkommens ermöglicht. Teile der Bevölkerung reagieren mit gewalttätigen Protesten. Widerstand in einer langen Geschichte des Bergbaus in Lateinamerika.

Wie die Tageszeitung La Nación einen Tag später berichtete, hat das lokale Parlament der Provinz Chubut am 15. Dezember in einer extrem kurzfristig anberaumten Sitzung mit 14 zu 11 Stimmen ein Ausnahmegesetz verabschiedet, das Teile der patagonischen Zentralebene zu Sonderzonen erklärt. Dort soll der Tagebau für Metallerze erlaubt werden, obwohl eine Regelung aus dem Jahre 2003 das eigentlich in der gesamten Provinz verbietet.

Die neue Bestimmung ermöglicht den Beginn des Projekts „Navidad“ der kanadischen Firma Pan American Silver. Seit 2009 wartet die Firma darauf, das größte unberührte Silbervorkommen der Welt 30 Kilometer südlich der Ortschaft Gastre im Tagebau zu erschließen. Es sollen dort für 18 Jahre täglich 15 Tausend Tonnen Silber- aber auch Blei- und Kupfererz gefördert werden. So berichtete das Portal Infobae schon am 15.Dezember.

Aber seit Jahren ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen den großindustriellen Abbau der Bodenschätze in der Provinz. Auch das namhafte Forschungsinstitut CONICET, vergleichbar mit der deutschen Max Plank Gesellschaft, warnt vor dem Projekt, bei dem das Metall mit Hilfe von Xanthat und Polyacrylamiden aus dem Gestein gewaschen werden soll. Problematisch sind vor allem der gigantische Wasserverbrauch in der durch Klimawandel immer trockeneren Gegend und damit gekoppelt die riesigen Mengen des mit Schwefelkohlenstoff belastetem Schmutzwassers. Vergleichbare Projekte in Chile haben in Vergangenheit durch Deichbrüche in Staubecken ganze Flussläufe für Jahrzehnte zu toten Zonen gemacht, wie Infobae erklärte.

Die massiven Proteste von Umweltverbänden und lokaler Bevölkerung unter dem Motto: „Megaminería = Muerte” (Großbergbau = Tod) wollen ein Veto gegen das Gesetz von der amtierenden Regierung erreichen, obwohl der Gouverneur es bereits unterschrieben hat. Mittlerweile wurde das Regierungsgebäude in Brand gesteckt, und an 16 weiteren öffentlichen Einrichtungen in der Provinz halten die zum Teil gewalttätigen Proteste an. Überall geht die Polizei hart gegen die Demonstranten vor, so die Tageszeitung Página/12.

Auf der anderen Seite steht die argentinische Zentralregierung, die nicht zuletzt zur Währungsstabilisierung verzweifelt um ausländische Investitionen kämpft, und eine verarmte Landbevölkerung, die auf Jobs hofft. Provinzregierung, Kommunen und Gewerkschaften werden großzügigste Schuldenerlasse oder Ausgleichszahlungen versprochen, berichtet Infobae.

Der internationale Bergbau in großem Stil begann in Südamerika vor fast 500 Jahren mit der blutigen Plünderung Potosís im heutigen Bolivien. In Argentinien (namentlich das „Land des Silbers“) geht der internationale Run auf das Edelmetall weiter.
Aber ein Teil der Bevölkerung wehrt sich entschieden dagegen.


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Quellen[Bearbeiten]