Berliner Polizistenmörder verurteilt

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Artikelstatus: Fertig 17:20, 21. Feb. 2007 (CET)
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Berliner Polizisten (2002)

Berlin (Deutschland), 21.02.2007 – In Saal 500 des Berliner Landgerichts wurde gestern ein 40-jähriger Kurde wegen Mordes und schweren Raubes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld stellte das Gericht nicht fest. Einem Mitangeklagten konnte keine Beteiligung am Mord nachgewiesen werden. Er erhielt deshalb eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen schweren Raubes.

Das Duo war am 17. März 2006 nach einem vorangegangenen schweren Raub im Rahmen einer Polizeikontrolle in der Fontanestraße nahe dem Volkspark Hasenheide von Polizeihauptkommissar Uwe Liescheid und zwei seiner Kollegen getroffen. Dabei schoss der damals 39-jährige Haupttäter sofort auf den Hauptkommissar, der vier Tage später an den Tatfolgen verstarb. Die beiden bereits früher durch Gewaltdelikte auffälligen, damals arbeitslosen Verdächtigen wurden kurz nach Mitternacht in der Nacht zum 25. März 2006 von einem Sondereinsatzkommando in einem Auto in der Schulstraße in Wedding überwältigt und festgenommen.

Der Vorsitzende Richter Hans Luther war in der Urteilsverkündung davon überzeugt, dass es sich bei der in Berlin-Neukölln verübten Tat um einen Verdeckungsmord handelte. Als sich Polizeihauptkommissar Uwe Liescheid gegenüber dem Täter als Polizeibeamter zu erkennen gab, feuerte der 40-jährige Kurde sein ganzes Magazin auf den 42-jährigen Polizisten ab. Die aus fünf Meter Entfernung abgegebenen acht Schüsse verletzten den Polizeihauptkommissar so sehr, dass er in ein Koma fiel und vier Tage später im Krankenhaus verstarb. Ein 29-jähriger Kollege des Opfers konnte sich hinter geparkten Automobilen verstecken. Dieser zeigte sich erschüttert, als er sich daran erinnerte, wie Liescheid regungslos auf dem Boden lag.

Da der Täter nur einen Augenblick Zeit gehabt habe, um eine Entscheidung zu treffen, wurde von der besonderen Schwere der Schuld abgesehen. Er habe „zu unserem Bedauern (...) den falschen Weg gewählt“, so der Richter.

Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe kann bereits nach 15 Jahren geprüft werden, ob die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Falls die besondere Schwere der Schuld festgestellt wird, ist dies erst später möglich.

Die Staatsanwaltschaft kündigte an eine Revision zu prüfen. Oberstaatsanwalt Ralf Knispel ging während des Prozesses davon aus, dass die besondere Schwere der Schuld festzustellen sei. Die Tatumstände hätten dafür gesprochen, da die Tat einen außerordentlichen Vernichtungswillen sowie außergewöhnliche Brutalität gezeigt habe. Der Verteidiger des 40-Jährigen gab zur Revision keinen Kommentar ab. Er hatte auf Freispruch plädiert, nachdem sein Mandant zum Prozessauftakt ein früheres Geständnis widerrufen hatte. Der Kurde behauptete stattdessen, von den Beamten misshandelt und zu einem Geständnis gezwungen worden zu sein. Das Gericht fand dafür jedoch keine Anhaltspunkte.

Auch die objektiven Beweise sprachen für die Täterschaft des Angeklagten. So wurde die Polizei von dem 40-Jährigen zur Tatwaffe, die nahe dem Wannsee vergraben war, geführt. Ein in der Nähe des Tatortes gefundener Handschuh enthielt ebenfalls eindeutiges genetisches Material.

Neben der Witwe des Mordopfers und ihren beiden Söhnen, die schwarz gekleidet vor den Angeklagten saßen, waren auch viele Polizisten im Gerichtssaal anwesend. Der aus einem osttürkischen Bergdorf stammende Kurde vernahm das Urteil regungslos. Die Witwe schien zuerst sehr gefasst, war aber später vor Kameras aufgelöst. Sie müsse das Urteil erst verkraften, gab sie an.

Unterdessen wurde in Berlin mit einem Trauermarsch des ermordeten Polizeihauptkommissars gedacht. Das Motto des Umzuges war „Berlin gegen Gewalt“. Bereits am 23. März 2006 gedachten 7000 Polizisten in einem Schweigemarsch des toten Polizeihauptkommissars. Viele weitere Berliner trugen sich in polizeiliche Kondolenzbücher ein und sandten Beileidsbekundungen.

Der Mord führte damals zu einer Diskussion um die Eigensicherung von Polizeibeamten bei Kontrollen. Von 1945 bis zum 25. März 2006 sind 387 Beamte von Straftätern getötet worden, so die Polizeigewerkschaft. Berlin-Neukölln, wo die Tat stattfand, und andere Problemstadtteile sind für die Polizisten demnach lebensgefährlich geworden. Der Anteil an ausländischen Mitbürgern lag zum Tatzeitpunkt im März 2006 in Neukölln bei über 40 Prozent.

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Quellen