Abwahlverfahren gegen die Präsidentin an der Hochschule Darmstadt
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Darmstadt (Deutschland), 08.09.2008 – Seit Mai 2008 zieht sich an der Hochschule Darmstadt ein Streit zwischen Senat und Präsidentin hin. Der Senat wirft der Präsidentin mangelnde Kommunikations-Kompetenz und fehlende Führungsqualitäten vor. So wurde ihr von Seiten des Gremiums bereits mehrfach der Rücktritt nahegelegt. Der Senat hat sich mehrheitlich für die Abwahl der Präsidentin entschieden. Dem hat sich jedoch der Hochschulrat, das letzte Entscheidungsgremium, entgegen gestellt. Seitdem schwelt der Streit zwischen Senat und Präsidium.
Eine Chronologie des Geschehens: Am 3. Juni 2008 liegt dem Senat für seine Sitzung ein Antrag auf Einleitung der Abwahl der Präsidentin Maria Overbeck-Larisch vor. Der Senat entscheidet sich mit 11 von 17 Stimmen für die Abwahl der Präsidentin, ihres Zeichens Professorin am Fachbereich Mathematik.[1]
Nach ersten Spekulationen werden am 5. Juni 2008 die ersten Details des Vorgangs bekannt: Das Amtsenthebungsverfahren wurden von Herman Meuth, Professor am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik, eingereicht. Er wirft der Präsidentin mangelnde Personalführungs- und -kommunikationskompetenz vor.[2] Der Hochschulrat muss nun als letztes Entscheidungsgremium darüber entscheiden, ob der Antrag des Senats angenommen wird oder der Rat sein Veto hiergegen einlegt.
Am 12. Juni 2008 meldet sich Maria Overbeck-Larisch erstmals in der Presse zu Wort und spricht von einer gezielten Kampagne gegen ihre Person. Diese Kampagne habe bereits mit dem Rücktritt der ehemaligen Vizepräsidenten Bernhard May im September 2007 begonnen.[3]
Am 14. Juni 2008 legt der Hochschulrat - wie von vielen Seiten bereits prognostiziert - sein Veto ein und stoppt damit das Abwahlverfahren.[4] Overbeck-Larisch kündigt eine Sondierung in der Hochschule an, ob der Abwahlantrag ein laut Ihren Worten „politische Spielerei“ gewesen sei oder ob die Rücktrittsforderung von größeren Teilen der Belegschaft getragen wird. Ein Rücktritt, so Overbeck-Larisch, sei eine „Option“.
In der für den 19. Juni 2008 einberufenen Sondersitzung des Senats wird vereinbart, einen Prozess zu initiieren, welcher die Zusammenarbeit zwischen Senat und Präsidium verbessert. Am 23. Juni 2008 erklärt die Präsidentin, dass sie vom Amt nicht zurücktreten werde.[5]
Erschien der Streit zunächst beigelegt, eskalierte die Situation am 26. Juni 2008 aufs Neue, als alle Hochschulangehörigen ein Rundschreiben von Kanzlerin Ellen Göbel erhalten mit der Aufforderung, gegenüber der Öffentlichkeit Stillschweigen über die Vorgänge zu bewahren. Wer sich nicht daran halte, so die Volljuristin, habe mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Das Schreiben erreicht den Darmstädter Arbeitsrechtler Werner Mansholt, welcher die im Schreiben zitierten Dienstvorschriften als rechtlich unzulässig erklärt. Eine Stellungnahme von Präsidentin, Kanzlerin oder Hochschulsprecher Wünderlich zu dem von der Presse als "Maulkorberlass" bezeichneten Schreiben erfolgt nicht.[6]
Am 1. Juli 2008 beschließt der Senat in einer weiteren Sitzung - dieses Mal mit 15 Ja- und zwei Nein-Stimmen, der Präsidentin den Rücktritt nahe zu legen. Overbeck-Larisch lässt verlauten, sie werde nicht zurücktreten, werde nach wie vor für eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Senat zur Verfügung stehen. Sie sehe aber für eine Mediation durch einen externen Berater keine Möglichkeit mehr.[7]
Der in der Hochschulpolitik Deutschlands einmalige Fall erlangt am 4. Juli 2008 deutschlandweites Interesse und wird mittlerweile auch vom Zeitschriftenverlag Spiegel verfolgt.[8] Der Sprecher der Hochschule verkündet, man werde sich Zeit bis nach der Sommerpause nehmen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.
Am 18. Juli 2008 erhält Prof. Hermann Meuth, der das erste Abwahlverfahren beantragt hatte, einen Brief eines Rechtsanwalts von Overbeck-Larisch mit der Aufforderung, seinen Antrag schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu begründen. Nach Rückfragen der Presse weist Overbeck-Larisch die Vorwürfe der Drohung zurück und erklärt, sie habe sich von dem Rechtsanwalt lediglich beraten lassen.[9]
Nachdem der Streit vom Senat als nicht mehr Beizulegen eingeschätzt wird, äußert Senatsmitglied Burhan Kösker am 29. Juli 2008 in einem Interview für Radio Deutschland die Hoffnung des Senats, dass der Hochschulrat sein Veto gegen das Abwahlverfahren zurückzieht.[10]
Nachdem am 1. August die Frist für die schriftliche Stellungnahme durch Prof. Meuth verstrichen ist, wird ein hochschulöffentlicher Brief an die Präsidentin verfasst und von mehr als 30 Personen unterzeichnet. In diesem Brief wird Overbeck-Larisch zur Rücknahme des Anwaltsschreibens an Prof. Meuth aufgefordert. In dem hochschulöffentlichen Brief werden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, da ein Abwahlantrag laut Hochschulverfassung überhaupt nicht begründet werden muss.[11]
In einem Zeitungsinterview am 8. August 2008 äußert sich Overbeck-Larisch erstmals ausführlich zu den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen. Die Präsidenten betont erneut, sie können sich die Vorwürfe und die daraus erwachsene Eskalation nicht erklären.[12]
Am 22. August 2008 erklärt sich Maria Overbeck-Larisch bereit, zwei externe Mediatoren, welche auf Konfliktlösungen spezialisiert sind, in die Lösung des Zerwürfnisses mit dem Senat einzubeziehen. Prof. Alfred Kessler, ehemaliger Vizepräsident, hat sich bereit erklärt, als Schnittstelle zwischen den Mediatoren und dem Senat zu fungieren.[13]
Quellen
- ↑ fr-online.de: „Unipräsidentin soll gehen“ (03.06.2008)
- ↑ Frankfurter Rundschau: „Senat will Präsidentin abwählen“ (06.06.2008)
- ↑ echo-online.de: „Gezielte Kampagne gegen mich“ (12.06.2008)
- ↑ fr-online.de: „Abwahl vereitelt“ (14.06.2008)
- ↑ h-da.de: „Erklärung der Präsidentin“ (23.06.2008)
- ↑ echo-online.de: „Hochschule verhängt Maulkorb“ (26.06.2008)
- ↑ fr-online.de: „Präsidentin will bleiben“ (01.07.2008)
- ↑ spiegel.de: „Krach an der Hochschule Darmstadt - alle gegen Maria“ (04.07.2008)
- ↑ fr-online.de: „Post vom Rechtsanwalt“ (18.07.2008)
- ↑ dradio.de: „Verzweifelter Schlagabtausch“ (29.07.2008)
- ↑ fr-online.de: „Präsidentin schaltet Anwalt ein“ (01.08.2008)
- ↑ echo-online.de: „Ich kann mir die Vorwürfe nicht erklären“ (08.08.2008)
- ↑ fr-online.de: „Präsidentin akzeptiert Mediator“ (22.08.2008)