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Schlussplädoyer - Verteidiger pochen auf Unschuld Kachelmanns

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Veröffentlicht: 03:26, 26. Mai 2011 (CEST)
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Mannheim (Deutschland), 26.05.2011 – Am Dienstag hielten die Verteidiger von Jörg Kachelmann ihre Plädoyers. Erstmals kam auch die Pflichtverteidigerin umfangreich zu Wort - und lieferte ein beachtliches Plädoyer ab.

Andrea Combé mit ihrem Mandanten Jörg Kachelmann auf dem Weg zum Landgericht Mannheim

Bisher hatte man sehr wenig von Andrea Combé zu hören bekommen. Das war auch nicht notwendig, denn Kachelmanns Wahlanwalt und Starverteidiger Schwenn ließ bei seiner Verteidigung wenig für sie übrig.

Umso überraschender war, was die Heidelberger Anwältin, der man ihren regionalen Dialekt zuweilen gut anhören konnte, ablieferte.

Systematisch und nicht ohne beträchtliche innere Schärfe sezierte die im allgemeinen umgänglich wirkende Combé die Beweislage und schonte auch die erneut überraschend anwesende Nebenklägerin nicht. Ihr Fazit: Es gibt keinen Beweis für die Schuld Kachelmanns.

Eine vierteilig gegliederte Rede auf etlichen DIN A4-Seiten war ihre sorgfältige ausgearbeitete Vortragsgrundlage.

Zwar sind auch nach ihrem Plädoyer nicht alle Fragen beantwortet, aber es gelang ihr, beträchtliche Zweifel zu säen, wenn nicht an der Schuld Kachelmanns überhaupt, dann jedenfalls an der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin. Ihr Plädoyer war im Wesentlichen darauf angelegt, dass es „keinen objektiven Beweis“ gibt. Hierauf kam sie immer wieder zurück.

Sie konzentrierte sich vor allem auf die Spurenlage, wo sie entscheidende Entlastungsmomente zum Vorschein brachte. In Bezug auf den Tampon, der eindeutige Spuren Kachelmanns aufwies, strich sie heraus, dass es, nach Angaben der Nebenklägerin selbst, meist Kachelmann gewesen sei, der beim einvernehmlichen Sex diesen entfernt habe. Kachelmann hatte in anfänglicher Vernehmung bestritten, in der fraglichen Nacht dies vorgenommen zu haben. Combé meinte, Wochen danach wäre eine Erinnerung an eine solche Nebensächlichkeit nicht zu verlangen.

In Bezug auf das Messer und die zuletzt von der Anklage erörterte Möglichkeit, Kachelmann könnte das Messer abgewischt haben, zitierte sie einen Gutachter: Hautpartikel klebten „wie Pech“ bei Berührung. In die gleiche Kerbe schlug sie, als sie betonte, dass sich am Strickkleid überhaupt keine Spuren fanden, obgleich Kachelmann es darauf liegend hochgezogen haben solle.

Zu den Hämatomen an den Oberschenkeln soll das mutmaßliche Opfer gesagt haben, es könne sich diese beim Aufräumen zugezogen haben, indem sie sich an Möbeln gestoßen haben könnte. Angesichts des symmetrischen Bildes für Combé eine abenteuerliche Erklärung.

Nicht umfassend, aber wirksam, ging die Pflichtverteidigerin auch auf die Lausemädchen ein, die Kachelmann scheinbar beträchtlich belastet haben. Die Zeugin, die nach verschiedenen Berichten vor etwa zehn Jahren von Kachelmann misshandelt worden sein soll, habe ausgesagt, sie erinnere sich nicht, ob sie damals überhaupt (je) Sex mit ihm hatte.
Eine weitere Zeugin hatte sich, wie schon länger bekannt, durch fragwürdiges Verhalten diskreditiert. Sie schickte nicht nur Kondome zu Kachelmann ins Gefängnis, sondern unterbreitete ihm auch eine Rechnung über 3.700 €. Diese umfasste neben Forderungen für Pfirsiche und SMSe auch 2.340 € für ein selbstgebasteltes Segelschiff aus Speckstein.

Die Ausführungen der Pflichtanwältin mit der kleinen Statur und den mittellangen Haaren, die ihren Mandanten prozesstäglich zum Landgericht chauffiert, schien insgesamt wenig vom Gebäude der Anklage übrig zu lassen. Ihr Plädoyer trug sie sehr zügig vor, nahm zwischendurch nur einen Schluck Wasser, um unmittelbar weiter zu reden.

Jedoch war auch an ihrem sehr sachlichen und gleichzeitg vernichtend wirkenden Plädoyer nicht alles Gold, was glänzt. So argumentierte sie etwa in Richtung der anwesenden Nebenklägerin: Wer sich so unvermeidlich den Strapazen eines öffentlichen Prozesses aussetze, der sei auch zu Selbstverletzungen im Stande. Waren solche ins Beliebige führende Argumente vielfach sicher auch in den Plädoyers der Anklage zu finden, so wirkte diese These für den aufmerksamen Zuhörer schon wie ein Schlag unter die Gürtellinie.
Umgekehrt verteidigte sie Kachelmann: Wer Kränkungen wie etwa die Nichtleiblichkeit seiner Kinder aushalte, ohne gewalttätig zu werden, der verliere auch sonst nicht die Kontrolle. Überhaupt diene seine Gewalt nur sexuellem Lustgewinn, Kachelmann sei weder deviant noch sadistisch.

Und auch Andrea Combé kommt nicht ohne die sehr fragwürdige Darstellung des mutmaßlichen Opfers als Nicht-Partnerin aus. Ein von Kachelmann-Verteidigern allerorten benutztes Klischee, das zum einen im kompletten Widerspruch zu diversen Mails und Chatprotokollen steht und zum anderen in jeder Version ohne einen erkennbaren Beweiswert ist.

Am Ende ihres Plädoyers setzte ein Teil des Publikums sogar zu Applaus an, was sich das Gericht umgehend verbat.

 Das letzte Wort des Angeklagten lautete
„Nein, danke.“

Erst nachmittags plädierte dann Schwenn, diese Tagesordnung war schon länger so festgelegt. Auch sein Plädoyer war für seine Verhältnisse eher moderat, jedenfalls im Ton. Mit den Worten hielt er sich aber auch diesmal nicht zurück, griff das Gericht noch einmal frontal an. Die Verteidigung respektiere das Gericht nur, solange es seiner Aufgabe gewachsen sei, sagte er der Mannheimer Strafkammer ins Gesicht.

Zur Rechtfertigung seines Verteidigungsstils meinte Schwenn: „Eine Verteidigung, die es sich mit dem Gericht nicht verderben will, ist keine. Ginge es nur um die gute Stimmung im Gerichtssaal, bräuchte es keinen Verteidiger.“ Der Zweck rechtfertige auch starke Worte. Seine Argumentation verband er aber auch mit einer ausholenden Analyse der Staatsanwaltschaft im allgemeinen. Die von ihr verlangte Objektivität sei „Chance und Gefahr zugleich“.

Schwenn richtete dann einen direkten Appell an die zwei Schöffen, gemeinsam hätten sie die Chance, eine Verurteilung Kachelmanns zu verhindern, denn diese benötigt eine Dreiviertel-Mehrheit der drei Richter und zwei Schöffen.

Wie bereits Combé am Morgen, verteidigte er nochmals das Schweigen Kachelmanns: Wenn er reden würde, müsste er auch auf jede nebenliegende Frage antworten – und die Antwort fände zielstrebig ihren Weg an die Presse. An einer Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte müsste sich sein Mandat nicht auch noch selbst beteiligen. Mit einem Angriff auf die anwesende kaugummikauende Redakteurin der Bunte sorgte er ein letztes Mal für schwach unterdrückte Heiterkeit im Gerichtssaal.

Jeder untreue Familienvater, meinte er dann, richte größeren Schaden an, als Jörg Kachelmann es bei seinen Lausemädchen getan habe und mahnte, das Gericht sei kein Sittenwächter, bevor er konsequent den Freispruch für seinen Mandanten forderte.

Unmittelbar nach der Beendigung des Plädoyers fragte Richter Seidling Kachelmann nach einem letzten Wort, wie es dem Angeklagten zusteht.

Kachelmann sagte genau zwei Worte: „Nein, Danke.“

Leicht dürfte es für das Gericht nicht werden, ein Urteil zu fällen. Es wird dies kommenden Dienstag tun.

(itu)

Quellen

Originäre Berichterstattung
Dieser Artikel enthält Journalismus aus erster Hand. Details befinden sich auf der Diskussionsseite.

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