Glimpflicher Verlauf von Orkantief Joachim

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Veröffentlicht: 15:46, 19. Dez. 2011 (CET)
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Windfeld von Orkan Joachim nach dem GFS-Modell der NOAA für den 15. Dezember, 21:00 Uhr UTC

Offenbach am Main (Deutschland), 18.12.2011 – Orkan Joachim, der im Vorfeld von den Meteorologen in den Prognosen mit den Orkanen Kyrill (2007) und Lothar (1999) verglichen worden war, hatte eine schwächeren Verlauf als ursprünglich angenommen, sodass die befürchteten großen Schäden ausgeblieben sind. Doch die mit dem Sturm verbundene Kaltfront und die mitgeführten feuchten Luftmassen sorgten in höheren Lagen der Schweiz, in Süddeutschland und Mitteldeutschland sowie in der Slowakei und in Tschechien für Verkehrsbehinderungen durch starke Schneefälle. Zahlreiche Autobahnen mussten zeitweise gesperrt werden. Unterhalb der Schneefallgrenze fiel teilweise ergiebiger Regen, der an Main und Mosel zu Hochwasserwarnungen führte. Inzwischen ist das Sturmtief nach Polen abgezogen.

Der Kern des Sturmes ist vom Ärmelkanal kommend über Paris hinweggezogen und folgte dann einer Bahn, die ihn über Düsseldorf und Hannover nördlich an Berlin vorbeiführte, doch die stärksten Windgeschwindigkeiten traten teilweise erheblich weiter südlich auf. In Frankreich führte der Sturm zu Stromausfällen in rund 400.000 Haushalten, von denen die meisten auf die Bretagne entfielen. Der Eisenbahnverkehr in der Bretagne war schwer behindert, doch zwischen Rennes und Paris verkehrten die Züge nahezu reibungslos. Schlimmer hingegen war die Situation im Pays de la Loire, wo der Eisenbahnverkehr völlig zusammenbrach. Der Elektrizitätsversorger Électricité de France (EDF) teilte mit, dass man in einem Kernkraftwerk vorsorglich auf Notbetrieb geschaltet habe. Es sei jedoch zu keinen Beeinträchtigungen gekommen.

Europaweit kamen zwei Personen durch die Auswirkungen des Orkantiefs zu Tode. In Bayern starb ein Mann beim Schneeräumen, und in Rheinland-Pfalz erlitt ein Autofahrer schwere Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, als sein Fahrzeug von einer Sturmbö erfasst wurde und gegen einen Baum prallte. Das zweite Opfer wurde aus Spanien gemeldet, wo ein einstürzendes Dach den Bewohner eines Hauses erschlug. In Frankreich und Spanien wurden außerdem mehrere Personen durch herunterfallende Dachziegel oder herumfliegende Gegenstände verletzt. In der Schweiz wurden drei Personen verletzt, als ein Nahverkehrszug aus sturmbedingten Gründen entgleiste.

Der starke Wind führte auch in Deutschland zu Beeinträchtigungen im Zugverkehr. In der Südpfalz musste die Deutsche Bahn auf zahlreichen Strecken den Bahnverkehr vorübergehend einstellen. Auch zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern ging nichts mehr. In dieser Gegend waren wegen Sturzfluten durch Starkregen zeitweise mehrere Landstraßen nicht befahrbar.

Die Autobahn A 61 war bei Alzey stundenlang durch einen vom Wind umgestürzten Lastwagen blockiert. Die Autobahnen A 4 und A 45 mussten im Sauerland wegen Schnee- und Eisglätte gesperrt werden. Es entstanden kilometerlange Staus. Starker Schneefall und Schneeverwehungen verursachten auch im baden-württembergischen Schwarzwald, in Thüringen sowie im Erzgebirge Störungen des Verkehrs. Der Grenzübergang Reitzenhain–Hora Svatého Šebastiána im Zuge der Bundesstraße 174 wurde gesperrt, nicht befahrbar war auch auf tschechischer Seite die Autobahn Dresden–Prag.

Der Wind erreichte in Böen über 140 Kilometer pro Stunde, gab der Deutsche Wetterdienst bekannt. In Deutschland wurde auf der Zugspitze eine Spitzenböe von 183 Kilometern pro Stunde verzeichnet, nur wenig darunter blieben die auf dem Wendelstein gemessenen Werte. Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke meldeten auch der Feldberg und der Belchen im Schwarzwald. Der höchste Wert einer Bö wurde vom Puy de Dôme bei Clermont-Ferrand in Südfrankreich gemeldet. Nach Angaben von Météo-France zeichnete hier das Anemometer eine Bö mit einer Windgeschwindigkeit von 212 Kilometern pro Stunde auf.

155 Kilometer pro Stunde erreichten die stärksten Böen auf dem Feldberg im Schwarzwald. Auf dem Brocken im Harz, wo das dort befindliche Hotel aus Sicherheitsgründen evakuiert worden war und die Harzer Querbahn nicht verkehrte, wurden Böen von bis zu 133 Kilometer pro Stunde registriert. Wegen Sicherheitsbedenken blieben am Freitag (16.12.2011) an mehreren Orten die Weihnachtsmärkte geschlossen, so etwa in Karlsruhe, wo auch der Zoo seine Pforten nicht öffnete, Friedrichshafen, Straßburg, Kempten und Freiberg in Sachsen. Auch in zahlreichen Skigebieten fand kein Skibetrieb statt.

Östlich der Halbinsel Quiberon in der Bretagne wurde der Frachter „TK Bremen“ durch den Sturm auf den Strand südöstlich der Hafenstadt Lorient geworfen. Die 19 Personen an Bord wurden von einem Hubschrauber aufgenommen. Aus dem Wrack trat Öl aus, weswegen die zuständigen Behörden Umweltalarm auslösten. Marie-Françoise Le Jossec, die Bürgermeisterin des Ortes Erdeven, in dessen Nähe das Schiff auf Grund liegt, sagte den Medien, es gebe im Rumpf des Schiffes ein Loch. Der resultierende „Ölfilm ist mittlerweile einen Kilometer lang und fünf Meter breit“, sagte Le Jossec.



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Quellen[Bearbeiten]