Bundespräsident Köhler sieht „wachsende Kluft zwischen Arm und Reich“

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Artikelstatus: Fertig 11:35, 29. Dez. 2005 (CET)
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Berlin (Deutschland), 29.12.2005 – Der deutsche Bundespräsident hat in einem Interview mit der deutschen Illustrierten „Stern“ pointiert zu einigen politischen Kernfragen Stellung genommen. Dabei ließ er teilweise die dem Amt gemäße übliche parteipolitische Zurückhaltung beiseite und sparte nicht mit Lob und Tadel.

Der Bundespräsident konstatierte im Zusammenhang mit der Globalisierungsdebatte eine wachsende „Kluft zwischen Arm und Reich“. Köhler warb offensiv für eine Diskussion über eine Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer beziehungsweise eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen. An die Gewerkschaften gewandt sagte Köhler, sie müssten ihre Zurückhaltung in dieser Frage aufgeben und bemühte hier das Bild vom „gemeinsamen Boot“, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber angesichts des weltweiten Wettbewerbs säßen.

Die Arbeit der großen Koalition in den ersten Wochen seit dem Amtsantritt von Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin lobte er einerseits mit den Worten: „Die Ostdeutschen Angela Merkel und Matthias Platzeck handeln pragmatisch. Es gibt weniger Inszenierung, weniger Politik- und Imponiergehabe.“ Als wichtige Aufgabe der Politik sah es Köhler an, eine Reform der Sozialsysteme voranzutreiben. Hier sparte der Bundespräsident auch nicht mit Kritik: „Jeder sollte wissen: Je kleiner die Schritte, desto mehr Schritte muss er machen.“ In ihrer Regierungserklärung hatte Merkel eine Politik der kleinen Schritte angekündigt. Der Politik schlug er vor, sich an US-Modellen zu orientieren, wo so genannten Langzeitarbeitslosen eine soziale Grundsicherung staatlich garantiert werde.

Auch bezüglich des Wahlkampfes von Merkels Amtsvorgänger Gerhard Schröder nahm Köhler kein Blatt vor den Mund. Die Angriffe auf den CDU-Finanzexperten Paul Kirchhoff, der zum Wahlkampfteam von Angela Merkel gehört hatte, wollte er eigentlich schon während des Wahlkampfes zurückweisen, hielt sich damals jedoch noch zurück. Seine Meinung zu Kirchhoff: „Ich dachte, es darf doch nicht wahr sein, dass man einen zwar eigenwilligen, aber doch auch klugen Mann wie Paul Kirchhof als Fantasten und Anwalt der sozialen Kälte stigmatisiert.”

Quellen