Autonomiestatus der nordostspanischen Provinz Katalonien gestärkt

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Artikelstatus: Fertig 20:07, 20. Jun. 2006 (CEST)
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Katalonien

Barcelona (Spanien), 20.06.2006 – Nach der Ankündigung von Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, mit der Terrororganisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna) Verhandlungen aufzunehmen, die der Meinung vieler Kritiker nach mit Zugeständnissen der spanischen Regierung an den Autonomiestatus der baskischen Provinz ausgehen werden, hat sich nun auch Katalonien für eine stärkere Unabhängigkeit ausgesprochen.

Ergebnisse der Referenden von 1979 und 2006 in Katalonien nach Auszählung von 100 Prozent der Stimmen

Die 5,4 Millionen wahlberechtigten Bürger der nordostspanischen Provinz Katalonien haben sich am Sonntag, dem 18.06.2006, mit großer Mehrheit für das Autonomiestatut ausgesprochen, das bereits vom spanischen Parlament verabschiedet wurde. Danach werden einer der reichsten und wirtschaftlichsten Region in Spanien weitgehende politische und finanzielle Kompetenzen gegenüber der Zentralregierung in Madrid eingeräumt: Katalonien erhält mehr Zuständigkeiten in den Bereichen Rechtsprechung, EU-Angelegenheiten, Steuereinnamen und Verwaltung von See- und Flughäfen. Katalonien wird außerdem das Recht eingeräumt, sich in Zukunft als „Nation“ zu bezeichnen. 73,9 Prozent der Wähler votierten in dem Referendum für mehr Eigenständigkeit, 21 Prozent stimmten mit Nein. Dieses Ergebnis veröffentlichte die Wahlkommission nach Auszählung von fast 98,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit 49 Prozent niedriger als erwartet.

Das Statut schreibt Katalanisch als Pflichtsprache vor. Damit wird der Status von Katalanisch weiter gestärkt. Der Schulunterricht wird in Zukunft nur noch auf katalanisch abgehalten werden. 1979 wurde Katalanisch bereits zur zweiten Amtssprache neben der kastilischen Sprache. Auch die Behörden sollten nun vorzugsweise auf katalanisch kommunizieren, so Joaquin Molins, ein Professor für Politikwissenschaft der Universität Autònoma de Barcelona.


Der Ministerpräsident Zapatero begrüßte den Wahlausgang und lehnte Kritik an der niedrigen Wahlbeteiligung ab. Er hoffe, dass die Regionen nach Anerkennung ihrer teilweisen Souveränität die Einheit Spaniens respektieren würden. José Montilla, der spanische Industrie-, Handels- und Tourismus-Minister der PSC, ist der Meinung, dass dem Resultat der Volksabstimmung wegen des Grades der niedrigen Beteiligung „nicht im geringsten die Legitimation fehlt“ und feierte den „klaren und überzeugenden Sieg des 'Ja'“ und die „großartige Niederlage der Partido Popular“. Die Stimmenenthaltung sei bei den Referenden stets größer als bei allgemeinen oder kommunalen Wahlen, unterstrichen die Parteien, die sich im Vorfeld für ein „Ja“ stark gemacht hatten. In der Abstimmung über die Verfassung lag die Wahlbeteiligung in Katalonien bei 59,4 Prozent (1978) und in ganz Spanien bei 58,23 Prozent. Deshalb beruft sich keine Partei auf die Wahlbeteiligung, um die Gültigkeit eines Referendums anzuzweifeln.

Die Unterstützung für ein unabhängiges Katalonien sinkt seit 2003 stetig

Oppositionsführer Mariano Rajoy hingegen, der sich auch gegen politische Zugeständnisse an die ETA ausgesprochen hatte, bewertete die Abstimmung negativ und sieht in ihr einen Angriff auf die „nationale Einheit“ Spaniens. „Hier wird das verfassungsmäßige Spanien liquidiert“, so Rajoy. Die Katalanen hätten das „persönliche Projekt Zapateros“ abgelehnt. Er hob hervor, zwei Drittel der Bürger würden es vorziehen, das Vorhaben nicht zu unterstützen. Die ERC (Esquerra Republicana de Catalunya), eine sozialistische katalanische Regionalpartei, macht sich für eine noch weitergehende Unabhängigkeit Kataloniens stark. Diese Bestrebungen werden jedoch weder von der Partido Popular (PP) noch von der Partido Socialista Obrero Español (PSOE) unterstützt.

Vor allem die Nachwirkungen der Franco-Dikatatur von 1939 bis 1975 können die ausgeprägten Unabhängigkeitsbewegungen erklären. Unter Franco wurde Katalanisch verboten, und die Basken sowie die Katalanen sahen sich Verfolgung und Unterdrückung ausgesetzt.

Auch in Andalusien oder auf den Balearen-Inseln gibt es Unabhängigkeitsbestrebungen. Dort hatte das Regionalparlament am 13. Juni mit großer Mehrheit eine größere Selbstverwaltung gefordert.

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Quellen