Tote bei Massenpanik während der Love Parade

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Veröffentlicht: 14:39, 26. Jul. 2010 (CEST)
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Die Eisenbahnunterführung, einziger Zugang zum Gelände der Love Parade

Duisburg (Deutschland), 26.07.2010 – Bei der Loveparade am 24. Juli in Duisburg kam es nach Polizeiangaben zu einer Massenpanik in und bei einer Unterführung, die zu diesem Zeitpunkt als einziger Zu- und Abgang zum/vom Veranstaltungsort, dem alten Güterbahnhof, diente. 19 Personen kamen ums Leben. Dabei starben 16 Menschen in direkter Folge der Panik, drei weitere erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen. Die Kriminalpolizei schloss am Sonntag, den 25. Juli gegen 17:00 Uhr die Identifizierung der Opfer ab. Getötet wurden Besucher aus Australien, Bosnien-Herzegowina, China, Italien, den Niederlanden, Spanien und elf Besucher aus Deutschland. Unter den Opfern befinden sich 11 Frauen und 8 Männer zwischen 18 und 38 Jahren. Die Zahl der Verletzten wurde mit 342 angegeben. Etwa 15 der Verletzten wurden nach Angaben der Tagesschau lebensgefährlich verletzt. Mehrere Verletzte wurden vor Ort reanimiert (laut n-tv mindestens zehn Menschen).

Die Panik war möglicherweise dadurch entstanden, dass der Veranstaltungsort Güterbahnhofs-Gelände völlig überfüllt gewesen sei. Daraufhin hatte die Polizei die Zugänge auf das Veranstaltungsgelände abgesperrt und die Wartenden über Lautsprecherdurchsagen zur Umkehr aufgefordert. Sowohl vor als auch in der Unterführung der Karl-Lehr-Straße hat dies zu einer Anstauung von Menschen geführt, berichtete der WDR. Nachdrängende Menschen versperrten auch den Rückweg. Nach Polizeiangaben wurde die Massenpanik durch Stürze von einer gesperrten Nottreppe auf die Bundesautobahn 59 ausgelöst, über die eingeschlossene Menschen versucht hätten, aus dem Bereich der Unterführung zu gelangen. Andere seien über ein leiterartiges Lautsprechergerüst geklettert und dann auf die wartende Menge hinab gestürzt. Daraufhin kam es dort zu einer Panikreaktion.

Lageplan des Veranstaltungsgeländes um den Güterbahnhof Duisburg mit dem Karl-Lehr-Tunnel im Süden am unteren Rand

Umgehend wurde Großalarm ausgelöst. Die bereits im Vorfeld als Evakuierungsweg vorgesehene Autobahn 59 war bereits für den Verkehr voll gesperrt worden. Unzählige Rettungswagen und neun Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Nachfolgende Besucher wurden über Lautsprecherdurchsagen aufgefordert umzukehren. Die Veranstaltung auf dem abgesperrten Veranstaltungsgelände wurde zunächst jedoch fortgeführt, um eine weitere Panik zu vermeiden. Sie wurde in der Nacht um 23:04 Uhr, eine Stunde vor dem offiziellen Veranstaltungsende, beendet. Die Sperrung der BAB 59 wurde in den Morgenstunden am Sonntag wieder aufgehoben.

Polizei und Staatsanwaltschaft teilten mit, dass die Todesopfer ausschließlich außerhalb des Tunnels aufgefunden wurden. Demnach haben 14 Personen ihre tödlichen Verletzungen im Bereich der aus Metall konstruierten Diensttreppe erhalten und zwei an einer sich in der unmittelbaren Umgebung befindlichen Plakatwand. Allerdings widersprechen dieser Darstellung in einigen Medien veröffentlichte Bilder, nach denen Leichen sich innerhalb des Tunnels befanden.

An der Veranstaltung nahmen nach Schätzungen etwa 1,4 Millionen Menschen teil, es waren 1400 Polizisten im Einsatz. Im vorangegangenen Jahr war die Loveparade ausgefallen. Auf dem Gelände war aber nach Berichten der Zeitung „Die Welt“ nur ausreichend Platz für 500.000 Personen, einige Quellen sprechen von einem Fassungsvermögen von der Hälfte. Zudem wurden Vorwürfe laut, der Veranstalter habe nur einen einzigen Zugang durch den Tunnel als Nadelöhr für die Großveranstaltung dieses Ausmaßes vorgesehen, die Flucht- und Rettungswege seien seitens des Veranstalters verschlossen gewesen und wären erst durch Einsatzkräfte der Polizei geöffnet worden.

Trauer, Entsetzen und Bestürzung hat die Nachricht der Katastrophe in der Politik ausgelöst. Bundespräsident Christian Wulff zeigte sich bestürzt und forderte eine rückhaltlose Aufklärung der Katastrophe und sagte: „Eine solche Katastrophe, die während eines friedlichen Festes fröhlicher junger Menschen aus vielen Ländern Tod, Leid und Schmerz verursacht, ist furchtbar.“ Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) sowie NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) äußerten ihr Mitgefühl mit den Opfern, den Verletzten und ihren Angehörigen. Mehrere andere Politiker folgten diesen Bekundungen.

Unterdessen haben Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft habe Unterlagen des Veranstalters beschlagnahmt. Die „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“ berichtete, ein Feuerwehrmann habe angezeigt, dass er bereits im Vorfeld der Veranstaltung vor dem Gefahrenpunkt gewarnt habe, der zur Todesfalle für die Opfer wurde. Duisburgs stellvertretender Polizeipräsident Detlef von Schmeling sagte: „Mein persönlicher Eindruck bestätigt eine Massenpanik nicht.“ Der stellvertretende Berliner Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Veranstalter dafür, dass das Veranstaltungsgelände fast vollständig eingezäunt wurde. Michael Reinke bezeichnete dieses Vorgehen als „sehr gefährlich“. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland sagte vor der Presse, man solle keine voreiligen Schuldzuweisungen äußern. Es sei die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Ereignisse aufzuklären.

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In der Wikipedia gibt es den weiterführenden Artikel „Unglück bei der Loveparade 2010“.

Quellen