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Parlamentswahlen in Tschechien enden überraschend

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Veröffentlicht: 20:16, 30. Mai 2010 (CEST)
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Prag (Tschechien), 30.05.2010 – Die Parlamentswahlen in Tschechien endeten mit einer Überraschung. Zwar wurde die sozialdemokratische ČSSD stärkste Partei, doch eine Regierungsbildung ist fraglich. Zweitstärkste Partei wurde mit nur geringem Abstand die bürgerliche ODS. Überraschend stark wurden zwei Newcomer in der tschechischen Parteienlandschaft: die vom ehemaligen Außenminister Karel Schwarzenberg geführte TOP 09, die allerdings durch Übertritte aus der KDU-ČSL bereits im Parlament vertreten war sowie Věci veřejné (VV), für die der Fernsehjournalist und Publizist Radek John als Spitzenkandidat fungierte. Die altkommunistische KSČM gelangte nur auf den vierten Platz der Wählergunst. Umfragen hatten vor der Wahl noch eine Mehrheit für Sozialdemokraten und Kommunisten vorhergesagt. Tschechien wurde nach einem Misstrauensvotum gegen den damaligen Ministerpräsidenten Mirek Topolánek von der ODS im März 2009 von einer Übergangsregierung unter Jan Fischer geführt. An der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind die christdemokratische KDU-ČSL und die Grünen. Beide Parteien gehörten der Regierung Topolánek an. Ebenfalls nicht in das Parlament gelangte die vom früheren Ministerpräsidenten Miloš Zeman angeführte SPOZ und die Partei der früheren Europaabgeordneten Jana Bobošíková.

Im neuen Parlament verfügt die ČSSD über 56 Mandate, die ODS über 53 Sitze. TOP 09 errang 41 Sitze, die Kommunisten 26 Sitze und Věci veřejné erhielten 24 Mandate. Damit besteht die Aussicht auf eine Mitte-Rechts-Koalition von ODS, TOP 09 und Věci veřejné, die auf eine komfortable Mehrheit von 118 Abgeordneten käme.

Inzwischen hat der stellvertretendes Parteivorsitzende der ODS, Petr Nečas, erste Gespräche mit TOP 09 und VV geführt. Nečas traf noch am Wahltag mit Karel Schwarzenberg zusammen und sprach am Tag nach der Wahl mit Radek John. „Das war ein erstes informatives Treffen, genauso wie gestern Abend mit Karel Schwarzenberg“, erklärte Nečas vor der Presse zum Inhalt des Treffens. Radek John war etwas ausführlicher. „Wir sind uns einig, dass die Regierung jedes Jahr ein Audit durchführen wird: was hatte sie im Plan, was erfüllte sie, was nicht und warum nicht. Unsere wichtigste Priorität ist der Kampf mit der Verschuldung, da stimmen wir ziemlich überein. Der zweitwichtigste Punkt ist der Kampf gegen die Korruption. Wir schlagen einen Agent provocateur vor, bislang sind ODS und TOP 09 dagegen. Ich glaube jedoch, dass wir hier zu einem Kompromiss kommen.“

Doch auch Bohuslav Sobotka, der stellvertretende Parteivorsitzende des ČSSD, der die Sozialdemokraten nach dem Rücktritt Paroubeks führt, meldete den Anspruch seiner Partei an, eine Regierung zu bilden. Nach den ungeschriebenen Gesetzen sollte Präsident Václav Klaus den Vorsitzenden der stärksten Fraktion im Prager Parlament mit der Regierungsbildung beauftagen, so wie er seinerzeit Mirek Topolánek beauftragt hatte. Die Sozialdemokraten wollen nach den Worten von Milan Urban, eines weiteren Vizeparteivorsitzenden mit allen im Parlament vertretenen Parteien reden. Urban sieht zwar nur geringem Spielraum, setzt aber auf eine von den Kommunisten unterstützte Minderheitsregierung mit entweder TOP 09 oder VV. Doch auch eine große Koalition mit der ODS mochte Urban nicht ausschließen. Dies hält jedoch David Vodrážek, weiterer Parteivize der ODS, für ausgeschlossen: Aus dem Wahlergebnis heraus sei für die ODS nur eine Koalition denkbar, nämlich mit TOP 09 und VV.

Partei
Stimmenzahl % Kraje Mandate +/-
Česká strana sociálně demokratická
1 155 267
22,08 %
14
56
- 18
Občanská demokratická strana
1 057 792
20,22 %
14
53
- 28
TOP 09
873 833
16,70 %
14
41
+ 41
Komunistická strana Čech a Moravy
589 765
11,27 %
14
26
+ 0
Věci veřejné
569 127
10,88 %
14
24
+ 24
Křesťanská a demokratická unie - Československá strana lidová
229 717
4,39 %
14
0
-
Strana Práv Občanů ZEMANOVCI
226 527
4,33 %
14
0
-
Suverenita
192 145
3,67 %
14
0
-
Strana zelených
127 831
2,44 %
14
0
-
Dělnická strana sociální spravedlnosti
59 888
1,14 %
14
0
-
Česká pirátská strana
42 323
0,80 %
14
0
-
Strana svobodných občanů
38 897
0,74 %
14
0
-
Pravý blok
24 750
0,47 %
14
0
-
Občané.cz
13 397
0,25 %
13
0
-
Moravané
11 914
0,22 %
4
0
-
Konzervativní strana
4 232
0,08 %
14
0
-
Koruna Česká
4 024
0,07 %
5
0
-
STOP
3 155
0,06 %
14
0
-
Sdružení pro republiku - Republikánská strana Československa
1 993
0,03 %
2
0
-
Klíčové hnutí
1 099
0,02 %
1
0
-
Česká strana národně socialistická
1 371
0,02 %
3
0
-
Humanistická strana
552
0,01 %
1
0
-
Česká strana národně sociální
295
0,00 %
1
0
-
Národní prosperita
186
0,00 %
7
0
-
Liberálové.CZ
260
0,00 %
1
0
-
Evropský střed
522
0,00 %
3
0
-
Insgesamt
5 230 859
100,00 %
14
200
-

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Quellen