Interview mit Nicole, der Grandprix-Gewinnerin des Jahres 1982, über „Ein bißchen Frieden“, ihren Erfolg und ihre heutige Sicht des Wettbewerbs

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Veröffentlicht: 07:47, 3. Feb. 2009 (CET)
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Nicole über den Erfolg ihres weltweiten Hits „Ein bißchen Frieden“: „Ich war ehrlich in allem, [was ich gesagt habe,] und habe gesungen, was die Leute zu der Zeit dachten. Frieden zu fordern, gehörte auch dazu.“
Foto: Sony BMG/Nikolaj Georgiew

03.02.2009 – Beinahe 27 Jahre sind vergangen, seit eine Abiturientin aus dem Saarland beim Eurovision Song Contest in Harrogate für Aufsehen mit einem gesungenen Appell an den Weltfrieden sorgte. Der einfache Wunsch von Nicole schlug ein: Als erste Deutsche in der Geschichte des Grand Prix konnte sie den Sieg nach Hause tragen. Komponiert wurde das Lied von Ralph Siegel. Es sollte der größte Erfolg einer fast dreißigjährigen Zusammenarbeit werden.

Fremdsprachige Aufnahmen ihres Siegertitels „Ein bißchen Frieden“ machten Nicole im Anschluss in ganz Europa bekannt. In den britischen Charts erreichte sie die Spitzenposition, eine Ehre, die bis heute keinem anderen Sieger des Gesangwettbewerbs zuteil wurde. Eine weitere Auszeichnung erhielt der Song als fünfhundertste Nummer-Eins-Single im Vereinigten Königreich. Dieser Erfolg brachte ihre Musik zu Hörern in ganz Europa und später auch in Asien.

Gegen Ende der 80er Jahre ließ ihr Ruhm jedoch langsam nach, so dass Nicole sich wieder ihrer Karriere in Deutschland zuwendete. Seitdem brachte sie über dreißig Alben in Deutschland heraus. Im Januar endete eine dreimonatige „Unplugged“-Tournee, bei der sie ihr jüngstes Album „Mitten ins Herz“ vorstellte.

Für die englischsprachige Wikinews-Ausgabe stand Nicole dem Redakteur Mike Halterman Rede und Antwort. Im Gespräch erzählt sie über ihre früheren und heutigen Erfolge, ihr Leben und ihre Ansichten zum Eurovision Song Contest im Wandel der Zeiten. Das Interview bildet den Auftakt einer Reihe von Gesprächen mit früheren Teilnehmern des Wettbewerbs. Die weiteren Interviews werden in unregelmäßigen Abständen erscheinen, bevor Mitte Mai in Moskau der nächste Contest stattfindet.

Frühe Karriere

Sie haben ihre ersten Auftritte im Alter von sechs Jahren gehabt. War das etwas, was Sie wirklich in so einem jungen Alter tun wollten? Fühlten Sie sich je irgendwie durch Ihre Familie unter Druck gesetzt, musikalische Erfolge zu erzielen, oder war sie sehr unterstützend?
Eigentlich habe ich sogar im Alter von vier Jahren mit Auftritten angefangen. Als ich meinen ersten Applaus bekam, war mir klar, was mein Beruf werden würde, und meine Familie hat mich dabei äußerst unterstützt.
Wann haben Sie angefangen, Musik als einen Vollzeitberuf zu erwägen?
Im Alter von 16, nach dem großen Erfolg, den ich mit meiner ersten Aufnahme „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund“ hatte.
Sie haben ihre Zusammenarbeit mit Ralph Siegel damals mit 16 angefangen. Wie hat er sich entschieden, Ihnen einen Plattenvertrag zu geben? Hatten Sie irgendwelche Zweifel, ob Sie ihn unterschreiben sollten?
Er war der erste, der an mich geglaubt hat, nachdem er meine Stimme gehört hatte, und ich hatte keine Zweifel, dass er der Richtige für eine [musikalische] Partnerschaft sein würde.

Grand Prix 1982 und Massenerfolg

Haben sich irgendwelche Ihrer Inspirationen oder Ziele geändert, seitdem Sie ihren Plattenvertrag unterschrieben hatten oder beim Grand Prix aufgetreten sind?
Ich habe versucht, meinen eigenen Weg zu finden. Nachdem ich meinen Plattenvertrag unterschrieben hatte, veränderte sich alles. Insbesondere nach dem Gewinn des Grand Prix.
Waren Sie jemals hin- und hergerissen, was es anging, Ihren Gesang über ihre Fähigkeiten zu stellen, Gitarre zu spielen?
Ich mochte es, Gitarre bei „Ein bißchen Frieden“ zu spielen. Es war eine gute Kombination, nicht wahr? Später habe ich die Gitarre „in die Ecke“ gestellt, so dass ich auf der Bühne beweglicher war.
Die Buchmacher Ladbrokes hatten das Vereinigte Königreich als Favoriten für 1982 gesetzt. Fühlten Sie sich nicht eingeschüchtert, als sie in den Contest gingen, besonders, weil Deutschland bis dahin noch nicht gewonnen hatte?
Ich habe erwartet zu gewinnen. Nach der ersten Probe konnte jeder die Magie des Liedes und seine Botschaft spüren. Es war mein Lied!
Viele der Künstler, die vor Ihnen für Deutschland aufgetreten waren, führten mitreißende Balladen, dramatische Melodien, manchmal mit sehr prahlerischen Auftritten auf. Und dann kamen Sie, ein junges Mädchen aus dem Saarland, eine Gitarre in der Hand, in einer bescheidenen Darbringung singend und Frieden fordernd. Glauben Sie, dass das Fehlen der Komplexität beim Lied und bei der Aufführung ihm einen besonderen Reiz gab?
Ich war ehrlich in allem, [was ich gesagt habe,] und habe gesungen, was die Leute zu der Zeit dachten. Frieden zu fordern, gehörte auch dazu.
In den 1980-er Jahren hatten Sie eine Kette von Erfolgen in Deutschland und haben auch Singles und Alben quer durch Europa und in Asien herausgegeben. Wessen Idee war es, auch nach Asien zu gehen?
Es war die Idee der Plattenfirma und von Ralph Siegel.
Hatten Sie erfreuliche Erfahrungen, als Sie dort Werbetouren unternommen haben? Was haben Sie am liebevollsten in Erinnerung?
Wir gingen zum Tokyo Yamaha Festival und gewannen dort den zweiten Platz mit „So viele Lieder sind in mir“. Ich habe gelernt, mich selbst [Leuten] auf Japanisch vorzustellen. Das ist das, woran ich mich am liebsten erinnere, und ich habe bis heute kein einziges Wort vergessen.
Sie haben seit den frühen 1980-er Jahren fast jedes Jahr Alben herausgegeben, aber ein Großteil ihres Massenerfolges in den Charts endete auch in diesem Jahrzehnt. Fühlten Sie sich entmutigt, als das passierte?
Nicht wirklich. Ich bin nun seit 29 Jahren im Geschäft. Ich sehe es als olympischen Schwimmwettbewerb. Es gibt ein A- und ein B-Finale. Man muss nicht jedesmal der erste sein, aber man muss vorsichtig sein und mit den anderen im A-Finale schwimmen.

Heutige Karriere

In vielen europäischen Kreisen wird „Schlager“ fast als ein schmutziges Wort angesehen, synonym mit „uncool“ oder „nicht mehr auf dem Laufenden“. Haben Sie das Gefühl, dass gewöhnliche Muster in Schlagern (und zwar Liebe und Gefühle) stigmatisiert und verhöhnt werden, und denken Sie, dass das fair ist?
Das stört mich nicht sehr. Für mich ist das Publikum das Wichtigste. Ich habe eine vor ein paar Wochen eine „Unplugged“-Tour mit all den Liedern aus den vergangenen drei Jahrzehnten unternommen. Es war fantastisch, Standing Ovations zu erleben (fast 20 Minuten jeden Abend).
An welchem Ort sind Sie am liebsten aufgetreten?
Der beste Auftrittsort war das „Schmidt's Tivoli“ in Hamburg, wo wir auch die Live-DVD aufgenommen haben.
In Ihrer langen Karriere haben Sie über 30 Alben herausgegeben. Bedauern Sie irgendeine Richtung, in die Sie Ihre Karriere geführt hat? Wenn Sie etwas noch einmal machen könnten, würden Sie etwas ändern?
Ich würde alles noch einmal so machen, da besteht kein Zweifel!

Allgemeine Gedanken über den Eurovision Song Contest

Und 27 Jahre später sind Sie die einzige Gewinnerin des Eurovision Song Contests aus Deutschland geblieben.
1982 war es das richtige Lied mit dem richtigen Mädchen am richtigen Ort. Wie ich schon sagte, es war ein dreiminütiger magischer Moment, als ich auf der Bühne war. Ein ehrliches Mädchen mit einem ehrlichen, authentischen Lied, das eine Botschaft hatte, die jeder verstand.
Einige deutsche Künstler in den letzten Jahren hatten einfallsreiche Themen, besonders Roger Cicero mit seinem Swing-Song und Texas Lightning mit ihrem Country-Auftritt. Was denken Sie über diese „Themen“-Aufstellungen?
Meiner Meinung nach sollte jeder Künstler authentisch sein, unabhängig von der Art des Liedes.
Haben Sie das Gefühl, dass der Vorwurf der „Block“-Abstimmungen, dass östeuropäische Länder gegenüber westeuropäischen Ländern (zu denen Deutschland gehört) bevorzugt werden, wahr ist? Und bezüglich der Telefonabstimmungen – haben Sie das Gefühl, dass der Contest sich in eine Richtung bewegt hat, wo es nicht mehr „um das Lied“ geht?
Ja, das stimmt. Die osteuropäischen Länder unterstützen sich offensichtlich gegenseitig mit so genannten „Block“-Abstimmungen. Es ist nun eine politische Sache und kein „Liederwettbewerb“ mehr.
Sehen Sie sich jemals selbst beim Eurovision Song Contest als deutscher Vertreter auf die Bühne zurückkehren?
Nein, ich kann mich nicht mehr übertreffen, die Nummer 1 gewesen zu sein.
Werden Sie Teil der deutschen Delegation sein, die dieses Jahr nach Moskau fährt? Falls es noch keine Entscheidung gab, würden Sie gerne fahren?
Ich bin noch nicht gefragt worden, würde aber gerne Teil der deutschen Delegation sein. Der Eurovision Song Contest ist immer noch in meinem Kopf.
Zum Schluss
Was würden Sie gerne all Ihren Fans sagen, die Ihre Karriere in den letzten drei Jahrzehnten verfolgt haben?
Ich möchte all meinen Fans für Ihre Treue danken und dafür, dass sie an mich und meine Musik glauben. Danke, dass Ihr mit mir während der Jahre Seite an Seite gegangen seid!

Quellen

englischsprachige Quelle Dieser Artikel ist eine Übersetzung eines fremdsprachigen Artikels (mit originärer Berichterstattung) vom 02.02.2009.