Ex-Scientologen erheben schwere Vorwürfe: „Jeder wurde geschlagen“
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Berlin (Deutschland), 14.08.2009 – Führende Ex-Manager von Scientology erheben massive Vorwürfe gegen die Sekte, körperliche Gewalt gegen Mitglieder sei dort die Regel gewesen, berichtet Tom De Vocht, der ehemaliger Leiter des „spirituellen Zentrums“ in Florida. Laut De Vocht sei jeder geschlagen worden. Der ehemalige Chef des scientologischen Geheimdienstes, Mike Rinder, wird in der Tageszeitung „St. Petersburg Times“ aus Florida wie folgt zitiert: „Miscavige schlug unsere Köpfe zusammen, bis ich blutete.“ Ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte von Scientology bahnt sich an. Mehrere ehemalige Führungsmitglieder sagen identische schwer belastende Dinge über die Sekte aus. Vorwürfe über Gewalttaten innerhalb Scientology gibt es seit vielen Jahren. Neu ist, dass mehrere ehemalige Führungskader gemeinsam gegen Scientology aussagen, darunter auch der der Ex-Finanzchef Mark Rathbun. Die drei belasten auch sich selbst, weil sie zugeben, selbst auch geschlagen zu haben. De Vocht: „Ich schlug jemand. Jeder wurde geschlagen. Und es wurde geschrien und geschimpft.“ Rathbun, einst „Generalinspekteur für Ethik" bei Scientology, sei von David Miscavige beauftragt worden, andere Mitglieder zu misshandeln – ähnlich wie bei der Mafia.
Ich schlug jemand. Jeder wurde geschlagen. Und es wurde geschrien und geschimpft. | ||
– Tom De Vocht, ehemaliger Leiter des „spirituellen Zentrums“ in Florida |
Weitere Aussteiger berichten von harten Gewalttaten Miscaviges gegen Führungskader. Er habe Menschen geohrfeigt, gewürgt, verprügelt und sogar mit dem Kopf gegen Wände geschlagen. Amy Scobee, die viele Jahre das „Celebrity Center“ für Prominente in Los Angeles leitete, gab an gesehen zu haben, wie der Chef von Scientology, Miscavige, Mike Rinder gewürgt habe, bis dieser ein rotes Gesicht bekam. Zurzeit geht nahezu im Wochentakt ein ehemaliges Führungsmitglied von Scientology mit erschütternden Geschichten an die Öffentlichkeit. Viele der Berichte erscheinen in der St. Petersburg Times. Vergangene Woche meldeten sich dort elf weitere ehemalige Mitglieder, die die Aussagen bestätigten und von Demütigungen und totaler Kontrolle bei der Sekte berichteten. Im Internet melden sich ebenfalls ehemalige zu Wort mit kritischen Berichten wie zum Beispiel über blutende Köpfe.
Scientology bestreitet alle der Vorwürfe und bezeichnet sie als Lügen. Nach Angaben vom Scientology soll Rathbun selbst innerhalb von Scientology für die Gewaltatmosphäre verantwortlich sein, die aus der Scientologysicht falschen Aussagen dienten einer Machtübernahme durch die entsprechenden Personen. Die Berliner Zeitung geht allerdings davon aus, dass es einen derartigen Machtkampf nicht geben kann, weil Miscavige alle Konkurrenten „weggebissen hat“. In der Vergangenheit gelang es der Sekte meist, ähnliche Vorwürfe zu entkräften. Abfindungszahlungen und extrem lange Gerichtsverfahren brachten viele Ex-Mitglieder zum schweigen. Diese Klagen betreffen auch den Sektenchef selbst, weil davon auszugehen ist, dass innerhalb Scientology nichts ohne direkten Befehl von Miscavige geschieht.
Jetzt aber klagen ehemalige Spitzenkräfte gegen Scientology. Es geht um Entschädigung für unmenschliche Arbeitsbedingungen sowie um extrem niedrige Löhne, die jetzt nachträglich eingeklagt werden. Erste Anhörungen fanden Dienstag in Los Angeles statt. Die schärfste Kritik kommt von ehemaligen Mitgliedern, die bereits als 5- bis 13-jährige Kinder von ihren Eltern zu Scientology gebracht wurden und somit stark geprägt wurden durch die Sekte, da sie außerhalb von Scientology wenig kennen lernen konnten. Alle dienten mehr als 25 Jahre der Organisation. Dass sie selbst nicht nur Opfer, sondern auch Täter sind, wird durch ihre Aussagen klar.
Quelle
- berlinonline.de: „Final countdown“ (13.08.2009)