Wikinews interviewte den Organisator der polnischen Kandidatur für die Wikimania 2010
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Danzig (Polen), 16.01.2009 –
Wikimania ist eine einmal im Jahr stattfindende Konferenz für Benutzer, Administratoren, Entwickler und andere mit den Projekten der Wikimedia Foundation verbundene Personen.
Ihre Bewerbungen werden wahrscheinlich solche Städte anmelden wie Marrakesch, Hong Kong, Melbourne, Seoul, Singapur, Kuala Lumpur, Los Angeles, Rio de Janeiro, SeaTac, Toronto, Daytona Beach, Washington, Quebec, Amsterdam, Kopenhagen, Istanbul, Montpellier, Oxford und Gdańsk (Danzig).
Die Wikipedianer aus Gdańsk bereiten die Bewerbung ihrer Stadt für die Organisation der Wikimania 2010 vor. Wir präsentieren ein Interview mit Wojciech Pędzich, einem der Stewards der Projekte der Wikimedia Foundation und dem Ideengeber der polnischen Kandidatur.
Wyksztalcioch: Die Dreistädter Wikipedianer sind gerade dabei, die polnische Bewerbung vorzubereiten, dank derer Polen das Recht erhalten könnte, unter dem Namen Wikimania 2010 das weltweite Treffen für die Leute zu organisieren, die an den Projekten der Wikimedia Foundation arbeiten. Dasselbe Privileg möchten auch solche Städte wie Washington, Rio de Janeiro oder Oxford erhalten. In diesem Jahr wurde die Konferenz in Alexandria gehalten, wo sich die berühmte Bibliothek von Alexandria befindet. Hat Gdańsk gegen solche bekannten Städte eine Chance ?
- Wojciech Pędzich: In Anbetracht des durch die Wikimedia Foundation vorgeschlagenen Wechsels der Kontinente, auf denen die folgenden Wikimaniatreffen stattfinden, hat die australische Bewerbung die größten Chancen, da die Konferenz dort noch nie stattgefunden hat. Chancen haben auch die europäischen Länder, da die erste Wikimania 2005 in Frankfurt am Main abgehalten wurde. Haben aber wir eine Chance, gegen die Bewerbungen der anderen europäischen Städte zu bestehen – Polen ist weiterhin ein interessantes, noch nicht ganz erforschtes und zudem billiges und erreichbares Land, da die Liste der Länder, deren Staatsbürger zur Konferenz ohne Visa einreisen könnten, relativ lang ist. Wir schlagen vor, die Konferenz praktisch „unter einem Dach“ der benachbarten Gebäude der Baltischen Filharmonie und des Zentralen Seemuseums zu organisieren. Dieser Standort ist praktisch ein paar Schritte vom Długi Targ (Langen Markt) im Stadtzentrum entfernt. Ja, ich bin der Meinung, dass unsere Bewerbung attraktiv ausfallen wird und uns reale Chancen für die Organisation der Wikimania 2010 an der Motława bietet.
Das Motto Eurer Bewerbung ist „Gdańsk – die Stadt der Freiheit”. Kannst Du sagen, warum Ihr unter diesem Motto für die Kandidatur der Stadt werbt?
- Gdańsk wird von vielen Leuten mit der Freiheit, ihrem politischen Ausmaß assoziiert. Auf der anderen Seite haben wir die Wikimedia Foundation und die durch sie verbreiteten Werte, die mit der freien Zugänglichmachung des auf unbefangene Weise von Freiwilligen geschaffenen Wissens verbunden sind. Die Verbindung einer kosmopolitischen und über starke revolutionäre und freiheitliche Neigungen verfügenden Stadt mit der freien Kultur in einem internationalen Ausmaß ist also sehr natürlich.
Wie viele Personen arbeiten an der Bewerbung? Polen ist doch ein recht kleines Land? Werdet Ihr in der Lage sein, eine problemlose Durchführung der ganzen Konferenz zu sichern, wenn eure Bewerbung gewinnt?
- Polen ist nicht unbedingt klein – wenn es um die Bevölkerungszahl geht, so können wir uns mit den USA, Indien, China nicht messen, doch ein kleines Land sind wir bestimmt nicht. Wir müssen auch daran denken, dass nach der alten Methode gerechnet, die polnischsprachige Wikipedia auf der Sprachenrangliste die vierte Position belegte. Nach Einführung der Neuerung, dass die Rangliste nach der Besucherzahl aufgestellt wird, passen wir immer noch in die Top 10. Wir können also von einem Potenzial der Community sprechen, umso mehr, weil die restlichen Wikimediaprojekte in der polnischen Sprache ihrer Größe nach auch die vorderen Plätze belegen.
- Wenn es um die Personen geht, die an der Schaffung unserer Bewerbung beteiligt sind, so arbeiten zurzeit nur ein paar Personen daran, was ich manchmal bedauere. Jede zusätzliche Person bedeutet, dass ein paar E-Mails mehr abgeschickt, ein paar Gespräche mehr durchgeführt werden können, dass eine Person mehr die Bewerbung betrachtet und kritisch bewertet. Zusätzliche Helfer würden auch neue Ideen, Kontakte und eine Portion Wissen mit sich bringen. Deswegen hat der Wikipedianer Patrol110 auch die pommerschen Wikipedianer mit „Spam” bombardiert, in dem er dazu aufgerufen hat, sich den Arbeiten anzuschließen, deswegen betone ich hier, dass wir zusätzliche „human recources“ benötigen. Insbesondere werden wir weitere Helfer brauchen, wenn unsere Bewerbung als Gewinner aus dem Rennen hervorgeht, aber dann glaube ich an einen folgenden polnischen „nationalen Aufbruch“.
Sind schon in Gdańsk irgendwelche weltweiten Konferenzen organisiert worden? Ist die Stadt mit deren Organisierung klargekommen?
- In der Zeit vom 5. bis zum 6. Dezember 2008 haben in der Stadt die Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum des Friedensnobelpreises des Präsidenten Lech Wałęsa stattgefunden. Am Rande sei gesagt, dass diese Veranstaltung unter anderem in der Baltischen Philharmonie stattgefunden hat, an demselben Ort, an dem wir die Wikimania 2010 organisieren möchten. An den Feierlichkeiten haben über tausend Gäste aus der ganzen Welt teilgenommen, und die Stadt hat – meiner Meinung nach – die Organisation hervorragend bewältigt. Unter anderem hat dies der Präsident von Gdańsk, Paweł Adamowicz, bestätigt, indem er dem „Dziennik Bałtycki” im Interview folgendes gesagt hat: Nach den erfolgreichen Feierlichkeiten des 25. Jubiläums des Friedensnobelpreises von Lech Wałęsa sieht man, dass wir imstande sind, solche großen Feierlichkeiten zu organisieren. Die Ołowianka bewährt sich hervorragend als ein großes Konferenzzentrum. Gdańsk wird wieder in der Welt von sich sprechen machen. Ich persönlich habe die Hoffnung, dass man von uns in der Welt durch die Wikimania hören wird.
- Die Stadt organisiert auch eine Reihe von kulturellen und mit Handel verbundenen Veranstaltungen. Hier findet die Internationale Danziger Messe statt, der Jahrmarkt des heiligen Dominikius, die Shakespearefestspiele, das Festspiel des Guten Humors. Wir sollten auch nicht die übrigen Teile der Dreistadt außer Acht lassen – Sopot und Gdynia –, in denen auch viele kulturelle Veranstaltungen stattfinden.
Neulich hat sich Polen um die Standortbestimmung für das Europäische Technologischen Institut und Fußballeuropameisterschaft Euro 2012 bemüht. Beide Initiativen wurden stark von den Behörden unterstützt. Wie sieht das diesmal aus?
- Wir haben Kontakt mit den Stadtbehörden aufgenommen. Nach dem Treffen mit den Vertretern der Promotionabteilung und der Kanzlei des Stadtpräsidenten wurde uns zugesichert, dass unser Bemühen unterstützt wird, was durch den Brief des Stadtpräsidenten, Herrn Paweł Adamowicz, bestätigt wurde. Die Vertreter der Stadtbehörden versichern uns fortwährend, dass sie diese Idee unterstützen werden. Sie haben auch die Baltische Philharmonie und das Zentrale Seemuseum für die Tage vom 9. bis zum 11. Juli 2010 vorreserviert. Sie erklärten sich auch bereit, bei der Organisation zu helfen, was sich als ungeheuer relevant nach einer für uns positiven Entscheidung der Juroren erweisen könnte.
Polen ist ein Teil der Europäischen Union. Was ist mit den Wikimedianern, die Staatsbürger von Staaten sind, die keine Visaabkommen mit Polen haben?
- Wie ich schon früher erwähnt habe, ist die Liste der Staaten, deren Bürger nach Polen für eine Dauer von 90 Tagen ohne Visum einreisen können, relativ lang. [1] und nicht nur auf die Länder des Schengen-Raums begrenzt. Die lange Liste der polnischen Außenstellen[2] und der allgemein zugängliche Visaantrag[3] sollten auch den Bewohnern der restlichen Staaten die Möglichkeit zur Einreise nach Polen sichern.
Meldungen über die Bewerbung von Gdańsk für die Organisierung der Wikimania 2010 sind in den lokalen Medien erschienen. Wie sieht das aus der Sicht der lokalen Community aus?
- Das sieht man teilweise in den Kommentaren unter beiden Artikeln – die Skeptiker, die generell Gdańsk nicht mögen, meckern, die Mehrheit jedoch unterstützt diese Idee. Es sind auch Leute und Organisationen dabei, die Hilfe bei der Organisierung der Veranstaltung anbieten – ich habe schon ein paar E-Mails von Personen erhalten, die daran interessiert sind.
Wie du schon gesagt hast, ein Teil der Personen meldet schon Vorbehalte, vielleicht sind sie sich der eventuellen Vorteile nicht bewusst. Auf welche Weise könnte Gdańsk und seine Einwohner davon profitieren?
- Außer dem allgemein verstandenen Prestige – wir haben es doch mit einem internationalen Ereignis zu tun, das von einer Organisation angetrieben wird, die das „Flagschiff” der Bewegung der Freien Kultur ist – wird sich die Aufmerksamkeit der Welt auf uns richten, die Medien werden die Stadt bemerken, die Konferenz wird sicherlich dazu beitragen, dass mehr Gäste kommen und somit auch Geld nach Gdańsk fließt. Die nach Gdańsk strömenden Gäste könnten bewirken, dass sie hier später noch einmal zurückkommen oder die Stadt ihren Bekannten empfehlen. Wir werden uns bemühen, dass die an dem Standort stattfindende Konferenz die Stadt nicht lahmlegt.
Viele Personen haben nicht das Geld, um selbstständig die Reisekosten zu tragen, um zur Wikimania zu kommen. Können diese Leute Eurerseits auf Stipendien zählen?
- Alles wird davon abhängen, ob die Gespräche mit den Firmen und den Subjekten, die bereit sind, als Sponsoren aufzutreten, erfolgreich sind. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass solche Wikimedianer ohne Hilfe bleiben.
Wikimania heißt nicht nur Vorträge, sondern auch die Gelegenheit, um lange, nächtliche Gespräche mit Personen aus anderen Ländern zu führen. Wie sieht das Nachtleben von Gdańsk aus?
- Plätze, wo man sich auf ein Gespräch treffen kann gibt es in Fülle, was aus der Vorversion der Bewerbung ersichtlich ist, in der ein paar hundert Lokale aufgelistet sind, in denen man bei gutem Essen und Trinken Gespräche führen kann. Die Nähe der Altstadt lädt auch dazu ein, einen Spaziergang in den Gassen zu machen, viele Personen betonen die Großartigkeit der Altstadtatmosphäre, ihre Einmaligkeit, was man jedoch nur empirisch prüfen kann.
Die Sprache während der Wikimania ist Englisch. Werden die Teilnehmer sich mit dieser Sprache auch in den schon erwähnten Bars, Kneipen und Geschäften verständigen können?
- Persönlich habe ich nur einmal einen Händler getroffen, der nicht in der Lage war, ausländischen Kunden seine Waren zu verkaufen, und nur einmal habe ich „live“ gesehen, wie aus dem Wörterbuch das Wort „Polnische Küche“ als „Polish kitchen“ anstatt „Polish cuisine“ übersetzt worden ist. Die Polen können sich verständigen, ich habe ihren Verständigungswillen gesehen, da ich sieben Jahre Erwachsene Englisch gelehrt habe. Menüs und andere Informationen in den Lokalen der Altstadt sind in großer Mehrheit ins Englische und Deutsche übersetzt, und die Kellner verfügen über Englischkenntnisse, die ihnen die problemlose Bedienung von ausländischen Gästen erlauben.
Wojciech Pędzich – geboren in Szczytno (1979), beruflich Englischlehrer (2001), Danziger Wahlbürger (2001). Außer der Rolle des Ehemanns kommt ihm noch die Rolle eines Mitarbeiters in der Innendienstabteilung einer Krafthydraulik liefernden Firma zu. Mit den Wikimediaprojekten ist er seit Dezember 2006 verbunden, zuerst als Übersetzer von Artikeln und Regeln der polnischen Wikipedia, dann als Admininstrator, Mitglied des ersten Schiedsgerichts in der polnischen Wikipedia. Ab Dezember 2007 Steward der Wikimediaprojekte, Mitglied von Wikimedia Polen. Einer der Ideengeber für die polnische Bewerbung bei der Organisation der Wikimania, Koordinator der Arbeiten an der Danziger Bewerbung.
In diesem Artikel wird die Wikimedia Foundation oder eines ihrer Projekte erwähnt.
Auch Wikinews ist ein Projekt der Wikimedia Foundation.
Weblinks
- Artikel über das Projekt der Organisierung der Wikimania 2010 in Gdańsk im Service Moje Miasto
- Artikel über die danziger Bewerbung bei der Organisation der Wikimedia 2010 im Service trojmiasto.pl
Quellen
Dieser Artikel ist eine Übersetzung eines fremdsprachigen Artikels (mit originärer Berichterstattung) vom 29.12.2008