UNICEF-Vergleichsstudie belegt schlechte Lebensbedingungen für Kinder in Deutschland
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Berlin (Deutschland), 14.02.2007 – Erstmals legte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) eine vergleichende internationale Studie zur Lage der Kinder in den Industrieländern vor. Spitzenplätze belegten dabei die Länder Skandinaviens, die Niederlande sind das kinderfreundlichste Land. Die in Deutschland lebenden Kinder müssen in einer wesentlich ungünstigeren Situation leben. Deutschland belegte in der Vergleichsstudie den elften Platz von insgesamt 21 untersuchten Ländern. Noch schlechter stellt sich die Situation für die Kinder in Großbritannien und den USA dar, sie belegten hintere Plätze.
Vergleichskriterien der Studie waren die materielle Situation der Kinder, ihre Gesundheit und Bildung sowie ihre Beziehung zu ihren Eltern. Hinzu kamen Kriterien wie die Risikobereitschaft sowie auch die Selbsteinschätzung der Kinder und Jugendlichen.
Das mittelmäßige Abschneiden Deutschlands kommentierte die Vorsitzende von UNICEF-Deutschland, Heide Simonis, bei der Vorstellung der Studie in Berlin: „Alle reden von kinderfreundlicher Politik. Trotzdem soll eine bessere Infrastruktur für Kinder keine Mehrkosten verursachen. [...] Diese Einstellung muss sich ändern, sonst bleibt Deutschland Mittelmaß für Kinder - und setzt die eigene Zukunftsfähigkeit aufs Spiel.“
Besonders schwierig gestalten sich die Lebensverhältnisse für die deutschen Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg. Die Kinder in diesen Ballungsräumen seien in hohem Maße armutsgefährdet.
In Bezug auf die Situation deutscher Kinder hebt die UNICEF-Studie vor allem das so genannte Risikoverhalten in Bezug auf den Konsum von Suchtmitteln hervor. In keinem anderen Land der Studie rauchen so viele junge Menschen wie in Deutschland. 17 Prozent der in Deutschland befragten Kinder gaben an, bereits zweimal oder öfter betrunken gewesen zu sein. Noch stärker betroffen sind die Kinder und Jugendlichen Großbritanniens – hier waren es rund ein Drittel, die sich in diesem Sinne äußerten. Besonders nachdenklich macht ein weiteres Ergebnis, das die Beziehung zwischen Kindern und ihren Eltern in Deutschland betrifft. Mehr als die Hälfte der 15-jährigen in Deutschland gaben an, dass ihre Eltern kaum Zeit für Gespräche mit ihnen hätten. Das ist deutlich mehr als in anderen Ländern. Deutschland belegt bei diesem Kriterium den letzten Platz.
Professor Hans Bertram von der Humboldt-Universität zu Berlin bemängelt in Deutschland vor allem ein schlüssiges Gesamtkonzept, das die Verbesserung der Lage von Kindern in den Mittelpunkt stellt. Bertram hat die UNICEF-Studie für die Situation in Deutschland vertieft und erweitert.
Aufgrund der Situation in Deutschland stellt UNICEF-Deutschland einige Forderungen als Messlatte für die deutsche Politik auf. Dazu gehört ein gezielter Ausbau der Infrastruktur für Kinder: Bereitstellung von Krippenplätzen, Ausbau von Bildungs- und Förderangeboten sowie die Erweiterung des Ganztagsschulangebots. Dänemark investiert besonders in den Ausbau dieses Bereichs, das Land gibt fast 3,8 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Familien mit Kindern aus, während es in Deutschland etwa zwei Prozent sind, die für staatliche Unterstützung von Eltern mit Kindern ausgegeben werden. Weiterhin fordert die UNICEF die politisch Verantwortlichen insbesondere auf kommunaler Ebene in Deutschland dazu auf, mehr in die Überwindung der Ausgrenzung von Kindern aus Migrantenfamilien und anderer benachteiligter Familien zu investieren. Der Ghettobildung sei entgegenzuwirken.
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- OECD: Schlechte Chancen für Migrantenkinder im deutschen Bildungssystem (15.05.2006)
- Portal:UNICEF
- Portal:Bildung
- Portal:Kinder- und Jugendfragen (Deutschland)
Quellen
- unicef.de: „Deutschland nur Mittelmaß“ (14.02.2007)