Sri Lanka: Beobachter machen Regierungstruppen für die Ermordung von Hilfsarbeitern verantwortlich

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Artikelstatus: Fertig 23:25, 30. Aug. 2006 (CEST)
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Fahrzeug der SLMM in Mullaitivu, an der Nordostküste Sri Lankas

Colombo (Sri Lanka), 30.08.2006 – In einem heute veröffentlichten Bericht der „Sri Lanka Monitoring Mission“ (SLMM) machen die Beobachter Regierungstruppen für die Ermordung von 17 Mitarbeitern der französischen Hilfsorganisation „Action contre la Faim“ (Aktion gegen den Hunger) verantwortlich. Die Hilfsarbeiter wurden am 4. August in Muttur im Nordosten Sri Lankas ermordet. Die SLMM überwacht das Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und der LTTE.

Im Bericht, der von Ulf Henricsson, dem Leiter der Überwachungsmission, unterzeichnet wurde, heißt es, dass es starke Hinweise für die Beteiligung der staatlichen Sicherheitskräfte an der Tat gebe, obwohl die Regierung das Gegenteil behaupte. Eine Beteiligung anderer Gruppen an der Ermordung der Hilfsarbeiter wird im Bericht ausgeschlossen. Die Tatsache, dass den Beobachtern der SLMM der Zugang zur betroffenen Region erschwert wurde, ist aus der Sicht Ulf Henricssons ein Hinweis darauf, dass die Regierung versucht, ihre Beteiligung an der Tat zu kaschieren. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Ulf Henricsson, dass er in dieser Hinsicht auf seine Erfahrung als Beobachter auf dem Balkan zurückgreifen könne. Laut SLMM-Bericht wurden die Beobachter von den Sicherheitskräften daran gehindert, sich vor Ort über den Vorfall zu erkundigen. Ein solches Verhalten sei unlogisch, wenn die Regierung von ihrer Unschuld überzeugt sei. Da sich Angehörige der staatlichen Armee zum Zeitpunkt des Vorfalls in Muttur aufgehalten hätten, sei es sehr unwahrscheinlich, dass andere Gruppen für die Tat verantwortlich seien, heißt es in dem Bericht weiter. Ulf Henricsson verweist in seinem Bericht auf vertrauliche Gespräche mit Quellen, die bezogen auf die Kenntnisse über die Sicherheitskräfte von Sri Lanka „sehr verlässlich“ seien, und mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft, an denen der Leiter der Beobachtermission selbst beteiligt war. Aus den Gesprächen hätten sich keine gegenteiligen Hinweise auf die Verantwortlichen der Ermordung der 17 Zivilisten ergeben, so Ulf Henricsson. Einige der Eltern von Ermordeten hatten bereits vor einiger Zeit Regierungstruppen für den Tod ihrer Kinder verantworlich gemacht. Der Vorfall ereignete sich zu einem Zeitpunkt, als die Armee die Stadt Muttur wiedereingenommen hatte, die sich zuvor unter der Kontrolle der LTTE befunden hatte.

Im zweiten Teil des Bericht beschuldigt die SLMM die Regierung eines weiteren Vergehens gegen Gesetze zum Schutz der Menschenrechte. Dabei handelt es sich um die Durchführung von Angriffen mit Claymore-Antipersonenminen in von der LTTE kontrolliertem Gebiet zwischen dem 1. April und dem 15. August dieses Jahres. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass sich die meisten Minenangriffe gegen Zivilisten gerichtet haben oder zum Tod von Zivilisten geführt haben. Für den Angriff auf einen mit Zivilisten besetzten Bus am 15. Juni in von der Regierung kontrolliertem Gebiet sei dagegen die LTTE verantwortlich. Diesen Angriff, der ebenfalls eine Verletzung internationalen Rechts darstelle, weil er sich absichtlich gegen Zivilisten gerichtet habe, stuft die SLMM als schwere Verletzung des Waffenstillstandsabkommens seitens der LTTE ein. Bei dem Angriff auf den Bus kamen beinahe 70 Menschen ums Leben.

Die SLMM wertet die Ermordung der Hilfsarbeiter durch Sicherheitskräfte als schweren Verstoß gegen das Waffenstillstandsabkommen. Der Bericht verurteilt die Tat mit scharfen Worten. Es handele sich dabei um eines der schwerwiegendsten Verbrechen gegen Hilfsarbeiter, das weltweit in der letzten Zeit ausgeübt worden sei. Die SLMM fordert von den sri-lankischen Behörden, Maßnahmen zum Stopp jeglicher Gewalt gegen Zivilisten zu ergreifen. Des Weiteren solle die Regierung sich vehement dafür einsetzen, dass der Vorfall von den Behörden gründlich untersucht werde.

Die sri-lankische Regierung weist den Bericht der SLMM zum Vorfall am 4. August zurück und bezeichnet das Vorgehen von Ulf Henricsson als unprofessionell und verantwortungslos. Die Regierung kritisiert, dass die SLMM Schlussfolgerungen gezogen habe, bevor genaue Untersuchungen beendet wurden. Die Argumentation von Ulf Henricsson hinsichtlich des Zugangs der Beobachter in die betroffene Region hält die Regierung für spekulativ. Laut Regierung hat es aus Sicherheitsgründen zu dieser Zeit eine Reisewarnung für Muttur gegeben. Mit eigenen Ermittlungen will die Regierung herausfinden, wer hinter der Ermordung der 17 Hilfsarbeiter steckt. Bei den 17 Menschen handelte es sich um 16 Tamilen und einen Moslem, die als örtliche Angestellte für die französische Hilfsorganisation gearbeitet haben. „Action contre la Faim“ fordert in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung die lückenlose Aufklärung des Vorfalls, den die Organisation als „Massaker“ bezeichnet. Nach der Ermordung der 17 Mitarbeiter hat die Hilfsorganisation ihre humanitären Aktivitäten in Sri Lanka reduziert.

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Quellen