Polnisches Parlament beauftragt Donald Tusk mit Regierungsbildung

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Veröffentlicht: 15:03, 12. Dez. 2023 (CET)
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Blick in den leeren Plenarsaal

Warschau (Polen), 12.12.2023 – Das polnische Parlament hat am Montagabend den bisherigen Führer der Opposition Donald Tusk mit der Bildung der Regierung beauftragt. Dafür stimmten 246 Abgeordnete des Sejm, dagegen 201. Für Dienstag hat Tusk bereits seine Regierungserklärung angekündigt. Er könnte so am Mittwoch vereidigt werden und als neuer polnischer Ministerpräsident am EU-Westbalkangipfel am Ende der Woche teilnehmen.

Der bisherige Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, PiS, war von Präsident Andrzej Duda, ebenfalls PiS, mit der Bildung der Regierung beauftragt worden, obwohl die rechtsnationale Partei seit der Wahl am 15. Oktober nicht mehr über die erforderliche Mehrheit verfügte. Die verpflichtende Vertrauensabstimmung hatte Morawiecki am Montag erwartungsgemäß verloren. Nur 190 Abgeordnete hatten Morawiecki das Vertrauen ausgesprochen. 266 Abgeordnete hatten gegen den bisherigen Amtsinhaber gestimmt. Doch, so berichtete der ARD-Korrespondent Martin Adam, habe die PiS noch bis zuletzt versucht, Regeln zum eigenen Vorteil zu ändern und Akten zu vernichten, um Reformen und die juristische Aufarbeitung der achtjährigen PiS-Herrschaft zu erschweren.

Der Neue: Donald Tusk

Tusk sagte dazu: „Die PiS hat beschlossen, die letzten Wochen zu nutzen, um den polnischen Staat zu verwüsten, zu zerstören. Das ist Geld- und Zeitverschwendung und der Versuch, in allen möglichen Bereichen eine fünfte Kolonne der PiS zu installieren. Wir werden sehr schnell und sehr entschlossen das Aufräumen angehen müssen.“ Der Koalitionsvertrag wurde bereits vor Wochen unterschrieben, und auch die Ressorts sind bereits zwischen den drei Koalitionspartnern verteilt.

Hierbei geht es auch um die Auszahlung von 36 Milliarden Euro des Corona-Fonds, welche die EU-Kommission wegen der Justizreform Morawieckis zurückhält. Die Kommission kritisiert, dass die PiS die Unabhängigkeit des polnischen Justizwesens untergraben hat. So wurden viele Richter durch PiS-treue Juristen ersetzt. Dies betrifft vor allem das Verfassungsgericht. Alle 15 Richter sind treue PiS-Verbündete, und erst 2027 wird die Amtszeit von einer Mehrheit von acht derzeitigen Richtern abgelaufen sein. Auch viele Staatsanwälte sind loyal zur PiS, und das Justizministerium hat Maßnahmen getroffen, die die Abberufung von Staatsanwälten behindern. Der Direktor der polnischen Zentralbank und zugleich Vorsitzende des Geldpolitikrates ist ein treuer PiS-Anhänger – und noch für fünf Jahre im Amt.

Muss gehen: Mateusz Morawiecki

Das größte Hindernis, mit dem es Donald Tusk zu tun haben dürfte, ist Präsident Duda. Er kann jedes Gesetz mit einem Veto zurückweisen. Das kann zwar von Sejm überstimmt werden, doch sind dafür 278 Stimmen notwendig, und die neue Regierungskoalition verfügt nur über 248 der insgesamt 460 Sitze im Sejm.

Politische Beobachter erwarten, dass sich das Verhältnis zwischen Polen und der Europäischen Union verbessert. Die PiS stritt seit Jahren mit der EU-Kommission über eine Justizreform. Auch wird gegenüber Deutschland eine versöhnlichere Politik erwartet. Die PiS hatte zuletzt im Wahlkampf in Bezug auf den zweiten Weltkrieg von Deutschland Reparationszahlungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro gefordert.


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Themenverwandte Artikel[Bearbeiten]

In der Wikipedia gibt es den weiterführenden Artikel „Parlamentswahl in Polen 2023“.

Quellen[Bearbeiten]